Soziale Netzwerke

Zehn Spielregeln

Ist mein Kind für Facebook zu jung? Das ist doch viel zu gefährlich, oder? Falls nicht, woran muss es sich halten? Ein soziales Netzwerk ist ein virtueller Schulhof. Hier ein paar Regeln, die Sie Ihrem Kind mitgeben können.


Eine weiße Kamera vor einem weißen Hintergrund
Foto: Bernd Westphal

Neulich am Küchentisch: Mutter, Vater und der elfjährige Sohn. „Papa, zum Geburtstag wünsche ich mir Facebook! Mama hat auch schon ,Ja‘ gesagt.“ Diesen Wunsch kennen viele Eltern – und stehen damit vor etlichen Fragen: Ist mein Kind dafür nicht noch zu jung? Das ist doch viel zu gefährlich, oder? Und falls nicht, an welche Regeln muss es sich denn halten? Doch eine weitere Frage ist viel wichtiger: Was fasziniert mein Kind eigentlich so sehr an diesen Netzwerken, dass es sich die (kostenlose) Mitgliedschaft sogar zum Geburtstag wünscht? Während Eltern noch genau überlegen, ob sie im Telefonbuch Nummer und Adresse angeben wollen, drängt es Kinder, Fotos, Gedanken und Vorlieben in die Internet-Welt zu posaunen. Besonders gern in Soziale Netzwerke. Dort können sich Kinder und Jugendliche, die ihre Identität noch entwickeln müssen, ausprobieren und verschiedene Rollen spielen. Ein soziales Netzwerk ist ein virtueller Schulhof, der zumindest auf den ersten Blick leichter zu überblicken ist als der reale: Anzahl der Freunde, Stimmungslage, Musikgeschmack, Lieblingsserie – fertig ist das Image. Auf diesem Schulhof können sie immer mitreden, er ist nicht auf eine Stadt begrenzt und irgendein Freund ist hier immer online. Und er ist (zumindest in einigen Netzwerken) erwachsenenfrei – was er auch bleiben sollte. Denn das Facebook-Geschenk sollte auch umfassen, dass Eltern ihren Kindern online nicht hinterherspionieren. Es gilt vielmehr: sprechen und ansprechbar sein, Regeln vereinbaren und immer wieder neu aushandeln, immer dem Alter und Entwicklungsstand der Kinder entsprechend.

Vor allem: Bevor Facebook zum Geburtstag mit einem Schleifchen umwickelt wird, sollten allen die Spielregeln klar sein.

SPIELREGEL NR. 1: AUSFÜHRLICH ÜBER DAS RICHTIGE NETZ INFORMIEREN

ERST NACHDENKEN, DANN ANMELDEN

Bevor Ihre Kinder auf den Registrieren-Button klicken dürfen, sollten Sie mit ihnen einige Dinge klären. Bei Facebook müssen die Mitglieder beispielsweise mindestens 13 Jahre alt sein. Um das richtige Netzwerk zu finden, sollten Sie mit Ihren Kindern beim Stöbern auf der Startseite und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen die folgenden Fragen stellen:

  • Werden Jugendliche über den Schutz ihrer Daten aufgeklärt?
  • Sind die Privatsphäre-Optionen für Minderjährige bei der Anmeldung voreingestellt?
  • Wird transparent gemacht, welche Mitgliederdaten zu Werbezwecken genutzt werden?
  • Hat das Netzwerk einen Jugendschutzbeauftragten?
  • Findet sich ein Link zu speziellen Elterninformationen auf der Einstiegsseite?
  • Gibt es die Möglichkeit, Cybermobbing und rechtswidrige Inhalte zu melden?

SPIELREGEL NR. 2: BEI DER ANMELDUNG NUR PFLICHTANGABEN MACHEN, PROFILFOTO MIT BEDACHT WÄHLEN

BITTE EINTRETEN

Die Netzbetreiber leben davon, dass die Nutzer möglichst viel von sich preisgeben. Besonders Facebook versucht schon während der Anmeldeprozedur sehr geschickt, persönliche Daten zu erheben, die fürs Mitmachen nicht notwendig sind. Bei der Anmeldung reicht es jedoch, nur die Pflichtangaben zu machen und alle anderen Eingabeaufforderungen zu überspringen. Verabreden Sie mit Ihren Kindern, dass Sie weitere Informationen erst hinzufügen, wenn Sie alle das Netz und seine Privatsphäre-Einstellungen besser kennen. Das gilt beispielsweise auch für die Auswahl eines Profilfotos: Das Bild kann Vorlage für eine automatische Gesichtserkennung sein. Um dies zu verhindern, stellen immer mehr Nutzer verfremdete Bilder oder Fotos von ihren Haustieren ein, was bei Minderjährigen zu empfehlen ist. Empfehlenswert ist es zudem, die automatische Gesichtserkennung über die Privatsphäre-Einstellungen zu deaktivieren. Statt des realen Namens ein Pseudonym anzugeben, kann die Privatsphäre schützen. Den Spitznamen können Ihre Kinder ihren Freunden mitteilen, um von ihnen gefunden zu werden.

SPIELREGEL NR. 3: KEINE PASSWÖRTER HERAUSGEBEN, NUR REALE FREUNDE ALS KONTAKT BESTÄTIGEN

WIR SIND AUCH SCHON DRIN

Viele Netzwerke bieten neuen Nutzern an mehreren Stellen der Anmeldeprozedur die Möglichkeit, das Adressbuch des privaten E-Mail-Kontos nach Freunden zu durchsuchen, die vielleicht schon Mitglied sind. Dazu müssen die Mitglieder jedoch das E-Mail-Passwort in eine Suchmaske eintippen. Besprechen Sie mit Ihren Kindern, dass sie niemals das Passwort ihres E-Mail-Kontos preisgeben. Und: Freundschaftsanfragen von anderen Mitgliedern werden nur angenommen, wenn man den Nutzer persönlich kennt.

SPIELREGEL NR. 4: PRIVATSPHÄRE-EINSTELLUNGEN ANPASSEN

DAS BIN ICH

Die persönliche Seite in einem Sozialen Netzwerk hat unterschiedliche Namen: Bei Facebook ist es beispielsweise die Profilseite, sie ist mit den Seiten in einem Schulfreundebuch vergleichbar. Allerdings mit zwei Unterschieden: Erstens schreiben in ein Freundschaftsbuch nur gute Freunde. Und zweitens ist der Platz für persönliche Informationen in einem Buch endlich. In einem Sozialen Netzwerk dagegen stehen unzählige Bytes zur Verfügung, um sich in Text und Bild zu präsentieren. Um zu vermeiden, dass die ganze Welt das virtuelle Freundschaftsbuch in die Hände bekommt, sollten Sie mit Ihren Kindern direkt nach der Anmeldung ausführlich die Privatsphäre-Einstellungen besprechen und festlegen.

SPIELREGEL NR. 5: KONTAKTEN UNTERSCHIEDLICHE RECHTE ZUWEISEN

WEN GEHT DAS ETWAS AN?

Persönliche Kontaktdaten nie allen Nutzern eines Netzes zugänglich machen: Sollen Freunde Telefonnummern, Wohnort, Geburtstag, Instant-Messenger-Nummer, Homepage- und E-Mail-Adressen im Netzwerk abrufen können, muss zuvor diese Frage geklärt sein: Sind die Netzfreunde tatsächlich richtige Freunde oder eher ein Sammelsurium unterschiedlicher sozialer Kontakte? Trifft Letzteres zu, sollten Sie Ihren Kindern raten, die Freundesliste zunächst zu differenzieren: in enge Freunde, Nachbarn, Schulfreunde, Familie, Lehrer, Sportverein. So können sie jeder Gruppe unterschiedliche Rechte zuweisen. Dem Lehrer bleibt der Zugriff auf die Fotos der letzten Party verwehrt, den engen Freunden jedoch nicht.

SPIELREGEL NR. 6: FOTOS UND VIDEOS NUR MIT EINVERSTÄNDNIS DER ABGEBILDETEN PERSONEN VERÖFFENTLICHEN, VERLINKTE FOTOS NICHT FÜR ALLE SICHTBAR MACHEN

MEIN LEBEN IN BILDERN

Die Rollen sind in einem Sozialen Netzwerk schnell verteilt: Angesagt ist, wer viele „Freunde“, viel Interessantes zu erzählen und viel zu zeigen hat. Cool ist, wer witzige Fotos oder Videos veröffentlicht. Vielen Jugendlichen ist dabei nicht klar, dass sie damit schnell Grenzen überschreiten: Fotos und Videos zu veröffentlichen, ist nur dann legal, wenn es die eigenen sind und alle abgebildeten Personen auch mit der Veröffentlichung einverstanden sind. Und außerdem sollten sich Ihre Kinder fragen: „Möchte ich wirklich, dass man mich jetzt so sieht? Will ich, dass dieses Bild auch in zehn Jahren noch im Netz kursiert?“ Denn so sinnvoll die Privatsphäre-Einstellungen auch sind, sie bieten keinen hundertprozentigen Schutz. Gute Freunde von heute könnten morgen schon keine mehr sein, und der Chef von übermorgen sollte auch keine Partyfotos von seinem Bewerber im Netz finden können. Fotos, auf denen man in peinlichen Situationen abgebildet ist, können aber natürlich auch in den Alben von Freunden zu finden sein. Wird man dort auch noch markiert, also das Foto mit seinem Namen in Verbindung gebracht, helfen die bisherigen Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre wenig. Um das zu verhindern, können Facebook-Mitglieder einstellen, wer markierte Fotos und Videos von ihnen auf anderen Facebook-Seiten sehen darf. Und nicht vergessen: Verlinkt man selbst Freunde auf den eigenen Bildern, immer vorher um Erlaubnis fragen.

SPIELREGEL NR. 7: EINSTELLEN, WELCHE KONTAKTE NACHRICHTEN LESEN UND SCHICKEN DÜRFEN

E-MAIL AN DIE WELT

Zum Leben im Sozialen Netzwerk gehören auch die regelmäßigen Statusmeldungen: Fotos, Nachrichten – und Updates mit persönlichen Nachrichten, die man auf seiner eigenen oder auf anderen Seiten hinterlässt. Wer den Zugang nicht einschränkt, macht diese Texte automatisch für alle Nutzer sichtbar und verschickt in vielen Netzwerken bei jedem Eintrag gleichzeitig eine Statusmeldung an sämtliche Freunde. Daher sollten Ihre Kinder auch hier differenzieren: Wem aus meiner Freundesliste würde ich diese privaten News tatsächlich auch persönlich mitteilen? Auch vor unerwünschten Nachrichten auf der eigenen Seite sollten sich Mitglieder schützen und in den Privatsphäre-Optionen einstellen, wer Beiträge posten darf und wer nicht.

SPIELREGEL NR. 8: PRIVATSPHÄRE-EINSTELLUNGEN FÜR GRUPPEN-MITGLIEDSCHAFTEN, APPS, SOZIALE PLUG-INS UND DIE UMGEHENDE PERSONALISIERUNG NUTZEN

VERRÄTERISCHE GIMMICKS

Social Networks sind auch Spielplätze. Es gibt Umfragen, Spiele, Gruppen und Sites mit sogenannten Sozialen Plug-Ins, mit denen man dokumentiert, dass die Seite oder der Artikel besonders „gefällt“. Während der Nutzer sich mit den witzigen Gimmicks die Zeit vertreibt, entsteht für den Betreiber des Netzwerks ein wertvoller Datenpool, ein „Social Graph“, der die Vorlieben seiner Mitglieder verrät. Er ist die Grundlage für die beispielsweise von Facebook schon auf einigen Partner-Seiten umgesetzte „umgehende Personalisierung“. Mithilfe dieser Personalisierung werden dem Mitglied auf anderen Webseiten auf Wunsch passgenaue Inhalte und Werbung präsentiert. Gruppenmitgliedschaften, genutzte Apps und Soziale Plug-Ins verraten aber auch den anderen Mitgliedern viel über die Vorlieben eines Nutzers. Darum gilt wiederum: Wer Apps nutzt, sollte festlegen, wer sie sehen darf.

SPIELREGEL NR. 9: VOR DATENDIEBSTAHL SCHÜTZEN, PLATTFORM-ANWENDUNGEN DEAKTIVIEREN

DURCH DIE HINTERTÜR

Facebook-Nutzer müssen bei Anwendungen noch vorsichtiger sein. Denn auch von Freunden verwendete Apps können auf die eigenen Daten zugreifen, die man mit allen „teilt“. Selbst wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter eingestellt hat, dass er oder sie Daten nicht mit allen Nutzern teilt, sind trotzdem die allgemeinen Informationen betroffen. Will man verhindern, dass durch diese Hintertür Name, Profilbild, Freundeslisten, Nutzerkennnummer und Geschlecht von fremden App-Anbietern heruntergeladen werden, bleibt nur eine Lösung: Der Nutzer muss in den Privatsphäre-Einstellungen die Plattform-Anwendungen deaktivieren. Allerdings können Ihre Kinder selbst dann keine Apps mehr nutzen.

SPIELREGEL NR. 10: VOR DEM LÖSCHEN EINES ACCOUNTS GRÜNDLICH AUFRÄUMEN

ICH BIN DANN MAL WEG

So manch einer verabschiedet sich irgendwann aus einem Netzwerk – und auch dann gibt es einiges zu beachten: Wichtig ist, dass man einen Account nicht voreilig löscht, denn danach hat man keinen Zugriff mehr auf Daten, die man auf den Seiten von Freunden hinterlassen hat. Beim Aufräumen sollte man Kommentare auf anderen Seiten löschen und möglichst alle Fotos, Videos und Texte von der eigenen Seite entfernen. Trotzdem hält sich Facebook vor, Daten weiterhin zu speichern, um beispielsweise einen Identitätsbetrug zu verhindern. Beim Löschen eines Facebook-Accounts deshalb darauf achten, dass dieser nicht nur „deaktiviert“, sondern gelöscht wird. Die Möglichkeit dazu findet man nur sehr versteckt über den Hilfebereich: Wenn man das Suchwort „Konto löschen“ eingibt, gelangt man zum Facebook-Ausgang.

Klicksafe.de, die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz, hat zu allen großen Social Networks umfangreiche Leitfäden zum Schutz der Privatsphäre herausgegeben. Hier erfahren Eltern und Kinder auf den Klick genau, wie die Spielregeln zum sicheren Umgang mit Sozialen Netzwerken umgesetzt werden können.


Dieser Text erschien in der scout-Ausgabe 1_2012 und wurde für den Relaunch der Website 2014 aktualisiert.

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