Algorithmen – worauf sollten Eltern achten?
Algorithmen – worauf sollten Eltern achten?
Drei Fragen an Prof. Dr. Katharina Zweig vom Lehrstuhl Algorithm Accountability an der TU Kaiserslautern.
Sie ist Autorin der Broschüre "Dein Algorithmus - meine Meinung!"
Stichwort Eltern: Die haben viel zu tun und dafür wenig Zeit. Algorithmen können ihnen bei der Internetnutzung helfen, den Alltag bequemer zu organisieren, etwa beim Einkaufen. Wo sind die Probleme und worauf sollten Eltern beispielsweise beim Online-Einkauf besonders achten?
Algorithmen an sich sind ja nur Problemlösungsstrategien für genau definierbare Probleme. Sie sind zum Teil sehr elegant und es ist wirklich spannend, sie zu verstehen! Ich persönlich hoffe, dass sich bald auch Kinder damit in den Schulen beschäftigen dürfen, da es da viel zu lernen gibt. Dies gilt insbesondere für die klassischen Algorithmen, die zum Beispiel in unseren Navigationsgeräten stecken oder Rechtschreibvorschläge machen.
Manche betrachten aber insbesondere solche Algorithmen mit Sorge, die selbständig „lernen“. Dabei geht es bei diesem „maschinellen Lernen“ im Wesentlichen nur um das Auffinden von gut beschreibbaren Regeln in Datenmengen. Wie etwa: Leute, die oft Windeln kaufen, kaufen auch Kinderkleidung in der passenden Größe. Grundsätzlich ist es aber natürlich auch möglich, dass die Algorithmen, die solche Produktempfehlungen aussprechen, dies auf manipulative Weise tun, die manipulativ ist. Zum Beispiel könnten gesponserte Produkte weiter oben genannt werden als ihre Bewertungen es eigentlich zulassen.
Dies ist nicht grundsätzlich ein neues Phänomen - sollte aber beobachtet werden.
Ich persönlich hoffe, dass sich bald auch Kinder damit in den Schulen beschäftigen dürfen, da es da viel zu lernen gibt.
Stichwort Kinder: Gibt es bezogen auf die Internet- und Algorithmen-Nutzung besondere Risiken für Kinder, auf die Eltern achten sollten?
Ich denke, dass Kinder im Netz auf jeden Fall verletzlich sind. Beispielsweise sollte man sie nicht mit YouTube allein lassen, da unter Umständen das nächste – algorithmisch vorgeschlagene – Video nicht kindgerecht sein könnte. Auch wenn Jugendliche sich im Netz zu politischen Themen informieren, sollte man sie dabei begleiten.
Grundsätzlich ist aus meiner Sicht aber die größte Gefahr erstmal nicht-algorithmischer Natur: Die unglaubliche Zeit, die Kinder und Jugendliche damit verbringen, ohne selbst etwas zu erschaffen oder eine ihrer Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass es für Kinder wichtig ist, erst einmal Dinge zu begreifen und soziale Interaktionen in der realen Welt zu erleben und dass wir sie danach als Eltern in die virtuelle Welt begleiten sollten.
Ich persönlich liebe es, mir Algorithmen einfallen zu lassen. Es ist ein sehr spannender Prozess, der analytisches und strukturiertes Denken erfordert und damit sehr lehrreich ist. Ich teile aber auch manche Sorge über Algorithmen.
Stichwort Skepsis: Kinder sind gutgläubig und vertrauensvoll. Nun warnen die einen Fachleute vor Algorithmen und verlangen von Kindern Misstrauen, Skepsis und Verschlossenheit. Andere – wie etwa der ehemalige Leiter der Fraunhofer-Instituts – fordern, „Kinder müssen lernen, Algorithmen zu lieben.“
Wie sehen Sie das und was raten Sie unseren Lesern?
Ich persönlich liebe es, mir Algorithmen einfallen zu lassen. Es ist ein sehr spannender Prozess, der analytisches und strukturiertes Denken erfordert und damit sehr lehrreich ist.
Außerdem hat es mit Computern auch erstmal wenig zu tun. Der Informatik-Biber - ein Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler von der 3. bis zur 13. Klasse - benutzt am Anfang überhaupt keine Computer, gefragt ist nur logisches Denken.
Mein Lieblingsalgorithmus kann zum Beispiel dazu genutzt werden, um Produktempfehlungen zu geben, aber wir haben damit auch ein Biomolekül entdeckt, das eine bestimmte Form von Brustkrebs im Labor gestoppt hat. Genau diese Vielseitigkeit von Algorithmen fasziniert mich!
Ich teile aber auch manche Sorge über Algorithmen. Letztes Jahr habe ich mit drei anderen Experten die Initiative Algorithm Watch gegründet, weil nicht alle algorithmischen Entscheidungssysteme gut gemacht sind. Diese Systeme versuchen, Entscheidungen über Menschen zu treffen. Das ist in Deutschland momentan noch gar nicht so aktuell, aber wir würden gerne die Zustände in anderen Ländern vermeiden, bei denen Algorithmen (mit) darüber entscheiden, ob jemand ein Geschäft eröffnen darf oder ins Gefängnis muss.
Hier wünschen wir uns eine demokratisch legitimierte Kontrollinstanz, welche die Qualität der entsprechenden algorithmischen Entscheidungssysteme überwacht.