Stören Handys den Schlaf

Stimmt’s oder stimmt’s nicht?

Klare Sache: Zu viel Mediennutzung macht krank. Oder vielleicht doch nicht? Testen Sie Ihren „gesunden Medienverstand“.


Abbildung eines Stethoskops auf einem roten Kreis
Illustration: Sören Kunz / Wildfox Running

Digital unterwegs und nur mit sich selbst beschäftigt

Internet-User bleiben lieber allein

Stimmt nicht. Negative Auswirkungen auf das Sozialverhalten werden durch Internetnutzung kaum bis gar nicht hervorgerufen. Der Zusammenhang zwischen Inter-netnutzung und sozialer Isolation wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger unter die Lupe genommen. Internetnutzung geht laut den meisten Studien mit einer „sehr schwachen Tendenz“ (Appel  / Schreiner) zu weniger sozialen Interaktionen einher. Eine „sehr schwache Tendenz“ heißt bei wissenschaftlichen Statistiken aber: „quasi nicht vorhanden“. Studien, die das Verhalten von Internetnutzern über einen längeren Zeitraum analysierten, zeigen einen – aber ebenfalls nur sehr schwachen – gegenteiligen Zusammenhang. Dann bringt Internetnutzung, in sehr kleinem Rahmen, sogar mehr soziale Interaktion mit sich.

Quelle: Appel, Markus / Schreiner, Constanze (2014): Digitale Demenz? Mythen und wissenschaftliche Befundlage zur Auswirkung von Internetnutzung. Psychologische Rundschau, 65, 1-10.

Spielen, bis der Arzt kommt

Onlinegames machen süchtig!

Stimmt nicht. Was von besorgten Eltern als „Online-Spielsucht“ betrachtet wird, ist meist die Begleiterscheinung einer sozialen oder psychischen Störung. Oder es handelt sich nur um vorübergehendes exzessives Onlinespielen, vor allem von männlichen Jugendlichen. In Deutschlands Drogenambulanzen melden sich immer häufiger Menschen mit der Selbstdiagnose Onlinesucht, meist wegen exzessiven Spielens. Doch dabei handelt es sich in der Regel nicht um eine Sucht. Da sind sich die meisten Wissenschaftler und Experten einig. Fünf bis zehn Prozent der Jugendlichen gelten als Extremnutzer, sind aber im medizinischen Sinne nicht süchtig. So warnt der Suchtmediziner Dr. Kay Uwe Petersen vom Uniklinikum Tübingen vor der inflationären Verwendung des Suchtbegriffs: „Viele andere leidenschaftlich und in hoher Intensität betriebenen Aktivitäten könnten genauso gut als Verhaltenssucht aufgefasst und pathologisiert werden.“ Trotzdem gebe es behandlungsbedürftige Patienten. Diese litten aber meist unter weiteren, vermutlich ursprünglich psychischen oder sozialen Störungen.

Quelle: Petersen, Kay Uwe et al. (2009): Pathologischer Internetgebrauch – Epidemiologie, Diagnostik, komorbide Störungen und Behandlungsansätze. Fortschr. Neurol. Psychiat.

Daddeln im Speckmantel

Computerspiele machen dick!

Stimmt nicht. Bei Gamern wurde der Zusammenhang bislang nicht entdeckt. Exzessives Fernsehen und Fettleibigkeit treten hingegen statistisch gesehen häufiger gemeinsam auf. Je länger Kinder vor dem Fernseher sitzen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Übergewicht entwickeln, hat eine Umfrage des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen ergeben. Bereits 30,1 Prozent der zehnjährigen Mädchen und 41,8 Prozent der zehnjährigen Jungen gaben an, einen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer zu haben. Die Fernsehverbreitung hängt dabei eng mit dem Bildungsabschluss der Eltern zusammen: Je höher dieser ist, desto eher ist das Kinderzimmer fernsehfrei. Beim Computer sieht es anders aus: „Das Stereotyp des Intensivnutzers von Bildschirmmedien beinhaltet einen ungesunden Lebensstil und Übergewicht“, schreiben Appel /Schreiner. Doch Meta-Analysen zum Zusammenhang zwischen Computernutzung und Fettleibigkeit hätten nur sehr kleine, nicht signifikante Ergebnisse hervorgebracht.

Quellen: Pfeiffer, Christian et al. (2007): Die PISA-Verlierer – Opfer ihres Medienkonsums. Eine Analyse auf der Basis verschiedener empirischer Untersuchungen. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V.; Appel  / Schreiner (2014).

Na dann gute Nacht

Handys stören den Schlaf!

Stimmt. Wenn sie spätabends noch genutzt werden – oder tagsüber sehr extrem. Skandinavische Forscher haben den Medienkonsum von rund 10.000 Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren ausgewertet: Je länger und je später diese mit ihren elektronischen Geräten beschäftigt waren, umso wahrscheinlicher verkürzte sich der Schlaf. Jugendliche, die mehr als vier Stunden täglich am Monitor verbrachten, hatten ein anderthalbfach höheres Risiko, abends länger als eine Stunde zum Einschlafen zu brauchen. Das gleiche Risiko teilten die, die unmittelbar vor der Schlafenszeit Computer oder Smartphone nutzten – die blauen Wellenlängen des Monitorlichtes machen uns nämlich munter.

Quelle: Hysing, Mari et al. (2015): Sleep and use of electronic devices in adolescence: results from a large population-based study. BMJ Open.

Kopfweh vom Surfen

Extremnutzern brummt der Schädel

Stimmt. Das trifft auf Viel- und Extremnutzer zu. Und ruft dann auch andere Leiden wie zum Beispiel Rückenschmerzen hervor. Jugendliche, die die digitalen Medien nach Aussage ihrer Eltern übermäßig viel nutzen, leiden deutlich häufiger unter Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und Rückenproblemen als Jugendliche mit als unauffällig empfundener Mediennutzung.


Quelle: Techniker Krankenkasse (2014): Jugend 3.0 – abgetaucht nach Digitalien? – TK-Studie zur Gesundheit und Mediennutzung von Jugendlichen, Hamburg.

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