Grenzen einhalten

Grenzen einhalten – auch bei Altersfreigaben

Wie sollen sich Eltern verhalten, wenn die Kinder einen Film sehen wollen, der eigentlich erst für ältere Kinder freigegeben ist? Andrea Rehn ist Referentin bei der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH) und erklärt, was Altersfreigaben bedeuten und wie Eltern damit umgehen können.


Fotomontage: Ein Junge sitzt vor dem PC und es kommt eine Hand aus dem Monitor, über seinem Kopf schweben Altersfreigaben
Zeichen zur Altersfreigabe von der FSK Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, Foto: Fotolia/Marie Sacha.

Frau Rehn, im scout-Artikel "Altersfreigaben - Was Eltern wissen sollten" geben Sie uns einen Einblick, was Altersfreigaben sind und worauf sie basieren. Wer entscheidet denn nun darüber, was Kinder sehen dürfen?

Andrea Rehn: Zu Hause liegt diese Entscheidung letztlich bei den Eltern. Sie sollten dabei jedoch unbedingt die Alterskennzeichen der Freiwilligen Selbstkontrollen beachten. Die bekannteste Selbstkontrolle ist die FSK, Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Sie vergibt Alterskennzeichen für Kinofilme und DVDs. Für Fernsehsendungen ist die FSF, Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen, für Computerspiele die USK, Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, und für Internetseiten die FSM, Freiwillige Selbstkontrolle Multimediadiensteanbieter, zuständig.

Beim Kinobesuch ist die Altersfreigabe bindend: Kinder, die für den Film noch nicht alt genug sind, dürfen die Vorstellung nicht besuchen – selbst, wenn die Eltern dabei sind. Einzige Ausnahme sind Filme „ab 12 Jahren“: Wenn ein Elternteil dabei ist, dürfen auch jüngere Kinder den Film sehen.

Aber was mache ich als Elternteil, wenn mein Kind unbedingt einen Film sehen will, der für das Alter noch nicht freigegeben ist?

Andrea Rehn: Für das Nein-Sagen gibt es kein Patentrezept. Eltern sollten sich jedoch in jedem Fall über den Film informieren und ihre Entscheidung begründen. Es ist auch sinnvoll, dem Kind attraktive Alternativen zu bieten – je nach Vorlieben des Kindes. In Einzelfällen kann es auch sinnvoll sein, eine Ausnahme zu machen und von der Altersempfehlung abzuweichen – zum Beispiel bei einem FSK-12-Film, wenn das Kind schon nah am Freigabe-Alter ist und die Eltern gut einschätzen können, dass ihr Kind den Stoff schon verarbeiten kann. Sie sollten den Film dann aber mit dem Kind gemeinsam schauen und ihm als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Filme mit noch höheren Altersfreigaben sind für Kinder aber in jedem Fall tabu.

Bieten Sie Ihrem Kind attraktive Alternativen zum Film.

Andrea Rehn

Müssen Eltern sich an die Altersfreigaben halten?

Andrea Rehn: Im Interesse ihrer Kinder sollten sie das unbedingt tun, auch wenn der Gesetzgeber sie nicht dazu zwingen kann. Wie gesagt können Ausnahmen manchmal sinnvoll sein. Im Normalfall aber sollten sie die Altersfreigabe als wichtige „Grenzsetzung“ ernstnehmen, um Schaden von ihren Kindern fernzuhalten. Nein heißt dann schlicht Nein.

Die Kontrolleinrichtungen haben doch geprüft und die Altersfreigaben gegeben. Warum müssen Eltern sich noch darum kümmern, was die Kids gucken oder spielen?

Andrea Rehn: Altersfreigaben sind ein wichtiges Hilfsmittel für Eltern. Sie geben Orientierung, wo Gefahren für die Entwicklung des Kindes lauern. Eltern sollten sich trotzdem in jedem Fall darum kümmern, was Kinder spielen und sehen, auch wenn sie die Altersfreigaben beachten.

Denn: Jedes Kind hat eine andere Persönlichkeit und entwickelt sich anders – was der eine 6-Jährige schon gut verkraftet, kann für den anderen noch sehr bedrohlich wirken. Eltern sollten sich daher für die Medienerlebnisse ihrer Kinder interessieren, mit ihnen darüber sprechen und besonders mit jüngeren Kindern auch gemeinsam spielen und Filme anschauen. Je jünger die Kinder, umso dringender sind sie auf die Begleitung der Eltern angewiesen.

Eltern sollten sich außerdem vorab über den Inhalt eines Films informieren, den ihre Kinder sehen wollen, auch wenn die Altersfreigabe „passt“. Sie können dafür zum Beispiel eine kostenlose App der FSK nutzen. Sie informiert über die Gründe für die Altersfreigaben aktueller Kinofilme. Zusätzlich kann man auch einen kurzen Trailer zum Film anschauen.

Die Altersfreigaben helfen beim Nein-Sagen.

Andrea Rehn

Eine Altersfreigabe ist also keine Empfehlung für einen Film?

Andrea Rehn: Die Selbstkontrollen prüfen nur, ob Kinder und Jugendliche durch ein Medium Schaden nehmen können. Die Altersfreigabe bedeutet: Für Kinder und Jugendliche ist ab diesem Alter keine schädliche Wirkung zu erwarten. Sie bedeutet aber nicht, dass die Selbstkontrolle den Film oder dieses Spiel empfiehlt. Eltern können aus der Altersfreigabe eines Films also nicht schließen, dass er für Kinder verständlich, amüsant, unterhaltsam, lehrreich, wertvoll oder auch nur interessant ist. Es gibt zum Beispiel viele Filme, die nur für Erwachsene interessant sind, aber niedrige Altersfreigaben haben. Ähnliches gilt für Spiele. In der Regel liegt das Alter, in dem Kinder und Jugendliche von einem Medium profitieren, deutlich über dem Alter, in dem keine Schädigung mehr zu erwarten ist. Die Altersfreigaben helfen also beim Nein-Sagen. Als Empfehlung für gute Kindermedien sind sie weder gedacht noch geeignet.


Aus Altersfreigaben kann man leider keine Altersempfehlung ableiten. Eltern sind trotzdem nicht ganz allein, wenn sie nach guten Medienangeboten für ihre Kinder suchen. Viele Institutionen bieten Internetseiten mit Tipps für geeignete Spiele, Apps, Filme und Fernsehsendungen – unabhängig, kostenlos und kompetent.

Das könnte Sie auch interessieren: