Fit gegen Fake News
Teenager ergoogeln sich die Welt und tauschen sich per What’s App, Snapchat oder Facebook über das Geschehen aus. Sie posten, liken und teilen Inhalte aus den unterschiedlichsten Quellen. Dabei laufen sie zunehmend Gefahr, Falschmeldungen für bare Münze zu nehmen.
Wir können ihnen dabei helfen, aufmerksam zu sein und Lügen zu erkennen.
Ein Artikel von Carole Possing, Programmreferentin bei der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH).
Alles Lüge, oder was?
„Mir geht es gut“, „Schön dich zu sehen!“ oder „Ich schau nur Arte“: Hand aufs Herz, mit der Wahrheit nehmen wir es nicht immer so genau. Schummeleien gehören zum Alltag. Wir tun es, die anderen tun es, und wir wissen darum.
Von unserer Morgenzeitung dagegen erwarten wir, dass sie es mit der Wahrheit sehr genau nimmt. Doch leider rutscht auch ihr die eine oder andere Falschmeldung durch, weil Fakten nicht ausreichend gecheckt wurden. Ärgerlich, aber das passiert.
Gefährlich wird’s, wenn Unwahrheiten mit Vorsatz, Berechnung oder Hinterlist in die Online-Welt gesetzt werden. Wenn Lügen zur Waffe werden und wir sie nicht erkennen. Dagegen müssen wir uns und unsere Kinder wappnen. Wir müssen sie fit gegen solche „Fake News“ machen.
Das Phänomen Fake News
Fake News sind gezielt gestreute Falschmeldungen. Sie werden zum Beispiel als „Klickköder“ („Click baits“) ausgelegt, um Menschen auf bestimmte Internetseiten zu locken und damit Werbeeinnahmen zu erzielen.
Teenager aus Kanada zeigten, wie es geht: Yaman Abuibaid und Dare Adebanjo erfanden spektakuläre Schlagzeilen wie: „Die Terrormiliz IS versteckt Bomben in Kinderspielzeug!“ Sie dachten sich einen kurzen Text dazu aus, retuschierten ein Bild und stellten das Ganze online. Ihre Artikel wurden tausendfach in Sozialen Netzwerken geteilt und hunderttausendfach angeklickt. Mit geringem Aufwand erzielten die Teenager einen enormen Traffic auf ihrer Seite „HotGlobalNews“. Diese enthielt Google-Anzeigen – und jeder Klick darauf ließ die Kasse der Kids klingeln.
Noch perfider: Fake News werden gezielt zur Meinungsmache eingesetzt: „Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen.“ Ein Schweizer Rechtspopulist legte dieses Zitat der Grünen-Politikerin Renate Künast in den Mund und postete es im Dezember 2016 auf Facebook, zusammen mit einem Foto der Politikerin und der Quellenangabe: „Süddeutsche Zeitung“. Ein gefaktes Zitat zu einem realen Geschehen: Es waren der Mord an der Studentin Maria L. und die Festnahme eines Verdächtigen in Freiburg. Binnen kurzer Zeit wurde der gefälschte Beitrag 4.000 mal geteilt und mit zahlreichen empörten Kommentaren versehen. Den Anfang machte der Rechtspopulist selbst: „KRANK oder?!?“
Rechtsextreme und Populisten streuen Fake News mit reißerischen Schlagzeilen, gefälschten Bildern oder Clips, um Stimmung gegen Geflüchtete, Muslime, Politiker, die „Lügenpresse“ oder „Gutmenschen“ zu machen. Sie inszenieren Bedrohungsszenarien und schüren Angst oder Hass. Sie vergiften das Diskussionsklima und erschüttern das Vertrauen in die Demokratie.
Das Rezept lautet: Fakten verdrehen, Fakten auslassen, Nachrichten aufbauschen oder schlicht lügen.
Fake News sind kein neues Phänomen. Der Begriff wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts für Falschmeldungen in Zeitungen verwendet. Neu ist ihre rasante Verbreitung. Sie werden immer professioneller, kommen in einem vermeintlich seriösen Gewand daher und wirken auf den ersten Blick glaubhaft. Sie werden leichtgläubig geteilt und verbreiten sich wie ein Lauffeuer.
Das können wir dagegen tun
Fake News sind in aller Munde, und die Politik hat ihnen im Wahljahr 2017 den Kampf angesagt. Verbesserte Meldefunktionen sollen her und eine Kennzeichnung. Bis solche Maßnahmen verlässlich greifen, dauert es aber. Deswegen gilt es, Teenager für das Phänomen zu sensibilisieren und ihnen beizubringen, wie man Fake News auf die Schliche kommt.
Und wie können wir uns und unsere Kinder fit gegen Fake News machen? Mit einer gehörigen Portion Skepsis und einem kritischen Blick auf die Quellen- und Faktenlage.
1) Skeptisch sein
„Geheim!“, „Exklusiv!“, „Unzensiert!“. Spektakuläre oder skandalöse Nachrichten können „Fake“ sein. Skepsis ist auch bei einseitigen und emotionalen Beiträgen auf sogenannten alternativen „Nachrichten-Seiten“ angebracht. Sie prangern eine vermeintlich verfehlte Asylpolitik an oder berichten einseitig negativ über Geflüchtete oder Muslime. Sie bezeichnen seriöse Medien als „Lügenpresse“ und geben vor, die „Wahrheit“ zu verkünden, nehmen es mit dieser aber nicht so genau.
Und nein: Viele Likes sind kein Garant dafür, dass eine Seite vertrauenswürdig ist oder eine Nachricht der Wahrheit entspricht! Deswegen müssen manche Nachrichten und Seiten auf den Prüfstand.
2) Die Quelle checken
Ist die Quelle seriös? Was wird sonst noch auf der Seite veröffentlicht oder gepostet? Wirklich „ehrliche Nachrichten“ oder doch eher Unsinn?
Stammt eine Nachricht von einer unbekannten Nachrichtenseite, lohnt ein Blick in das Impressum. Fehlen dort Adressangaben oder Ansprechpartner, ist Vorsicht geboten. Weitergehende Infos im Netz können Aufschluss über den Autor geben.
Bei der Einschätzung von Quellen helfen gezielte Suchen mit der Suchmaschine. Zwei Suchbefehle sind dabei hilfreich:
Bei Google die Internetadresse (URL) der Quelle eingeben und die Bezeichnung „site:“ davor schreiben, also in etwa so: [site:zumbeispiel.de]. Google listet dann alle Beiträge auf, die auf der Seite veröffentlicht wurden. Sind diese Beiträge sehr einseitig, kann die Objektivität der Quelle angezweifelt werden.
Gibt man in die Suchmaske von Google die Quelle folgendermaßen ein: [„zumbeispiel.de“-site:zumbeispiel.de], dann erhält man Treffer, in denen über die Seite berichtet wird. Wenn die Quelle überwiegend in rechtsextremen Kontexten auftaucht, kann das auch eine wichtige Info sein.
3) Das Bild checken
Bilder kann man mit der Seite fotoforensics.com auf nachträgliche Bearbeitungen und Montagen hin überprüfen. Mit der Google-Bildersuche oder der Seite tineye.com erhält man alle Fundstellen des Bildes im Netz. Mit Rechtsklick der Maus kann man die Grafik-Info eines Bildes aufrufen und sich Informationen wie Datum, Titel, Autor und Beschreibung anzeigen lassen. Das Einstelldatum gibt Aufschluss darüber, ob ein besonders spektakuläres Bild zum aktuellen Anlass passt oder aus dem Zusammenhang gerissen und zur Meinungsmache instrumentalisiert wurde.
Zur Überprüfung von YouTube-Videos gibt es unter anderem den YouTube Data Viewer von Amnesty International. Der YouTube-Kanal „Besorgte Bürgerin“ gibt weitere hilfreiche Tipps. Eine Profisuche und Anleitungen zur Verifizierung von Fotos und Videos bietet die Journalistenplattform Firstdraftnews.
4) Die Fakten checken
Handelt es sich bei dem geposteten Artikel noch um das Original oder wurden Überschrift oder Vorschautext vielleicht verändert? Eine Suche im Netz kann Aufschluss geben. Fündig wird man, wenn man einen Textausschnitt in die Suchmaske eingibt. Wir können über Suchmaschinen prüfen, ob auch andere, vertrauenswürdige Medien diese Nachricht verbreiten. Vielleicht wurde die Nachricht bereits als „Fake“ entlarvt. Portale wie mimikama.at oder hoaxmap.org klären über Falschmeldungen auf.
5) Fake News melden
Fake News oder Profile mit Fake News kann man melden. Entweder beim Plattformbetreiber selbst oder bei Aufsichtsstellen wie der MA HSH, jugendschutz.net oder hass-im-netz.info. Fake News können aber auch bei hoaxmap.org oder mimikama.at gemeldet werden.
6) Am Ball bleiben
Weitergehende Informationen, Tipps und Clips sowie Unterrichtsmaterialien finden sich auf: klicksafe.de, sogehtmedien.de von ARD und ZDF enthält unter anderem ein „Fake-Tutorial“.
Der österreichische Verein mimikama.at prüft, ob Meldungen im Internet erfunden sind, oder nicht. Die Seite bietet eine Suchmaschine für Falschmeldungen an.
Erste Schritte zum Erkennen von Fake-News erklärt das YouTube-Video „Frag Barbara!“.
Die österreichische Initiative Saferinternet.at hat eine Studie zum Thema „Gerüchte im Netz“ veröffentlicht. Dazu wurden 400 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren zu ihrem Umgang mit Informationen aus dem Internet befragt.
Um Fake News ging es auch auf der MA HSH-Veranstaltung im Rahmen der SocialMediaWeek 2017 in Hamburg. Hier gehts zur Aufzeichnung der Diskussion zum Thema Fake News bei Facebook – Gefahr für die öffentliche Meinungsbildung?
Nach einer Einführung von MA HSH-Direktor Thomas Fuchs diskutierten Lars Klingbeil, Netzpolitischer Sprecher der SPD, und Volker Tripp, Politischer Geschäftsführer beim Verein Digitale Gesellschaft. Die Journalistin Teresa Sickert von Deutschlandradio Kultur moderierte die Veranstaltung.