Smart Toys in Kinderhänden: Das sind die Risiken
Was ist eigentlich dran am digitalen Spielzeug?
Was kann es – und was sollte es besser nicht können?
Ein Artikel von Andreas Beerlage
„Smart Toys“ im Kinderzimmer – das sind zum Beispiel sprechende Puppen oder Roboter, die programmierte Gefühle zeigen können, Unfug machen und dank ihres Anschlusses an einen Künstliche-Intelligenz-Server sogar etwas dazu lernen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl solcher smarten Spielsachen. Neben Puppen und Robotern sind auch Dinosaurier, Hunde und Fabelwesen auf dem Markt. Niedlich ist ein Teddy, der Sprachnachrichten abspielt, die auf einem Smartphone aufgenommen werden: So können Eltern oder Großeltern mit den Kleinen kommunizieren, auch wenn sie gerade ganz weit weg sind. Auf Kinder-Tablets lässt sich nicht nur spielen, über sie können auch Text-, Bild- und Sprachnachrichten verschickt werden. Daneben gibt es auch interaktive Spielsysteme wie beispielsweise „smarte“ Spielsteine für Draußen, die Kinder zur Bewegung anregen sollen.
Kinder fasziniert an smartem Spielzeug vor allem das Interaktive: Das Spielzeug spielt zurück. Neben den vielseitigen Spielerfahrungen kommen die vielen Individualisierungsmöglichkeiten gut an. So kann das Spielzeug an die Vorlieben der Kinder angepasst werden – oder sich selbst anpassen. Doch auch aus Elternsicht kann smartes Spielzeug seinen Reiz haben: Die Kleinen können beim Spielen damit auch noch etwas lernen. Und ganz nebenbei können Eltern dank der eingebauten Technik unauffällig und bequem sogar ein Auge auf ihre Kinder werfen oder das Spielzeug steuern.
Damit das all das möglich wird, sind im Spielzeuginneren neben der Software auch Sensoren, Mikrofone und Kameras im Einsatz. Dazu hat das Spielzeug oft einen heißen Draht nach draußen und ist via Internet, Bluetooth oder App mit anderen Geräten oder Plattformen verbunden. Womit wir schnell beim Haken dieser Spaß und Mehrwert versprechenden Kinder-Gadgets angelangt wären: Denn tatsächlich stecken im smarten Spielzeug auch ernstzunehmende Risiken, die den Käufern bewusst sein sollten. Ein Überblick des „Marktwächter“-Teams der Verbraucherzentrale NRW zeigt sie auf.
Es gibt drei Problemfelder:
- Manche Spielzeuge können ganz einfach gehackt werden.
- Andere sammeln fleißig Daten der Kinder.
- Zudem besteht auch die konkrete Gefahr von Daten- und Identitäts-Diebstahl, weil viele Smart Toys Daten auf den Servern ihrer Hersteller abspeichern und die Daten dort nicht immer ausreichend gesichert sind.
- Gehackt: Ein Problem sind insbesondere nicht gesicherte Bluetooth-Verbindungen – wie bei der bekannten Spion-Puppe „Cayla“, die im Februar 2017 sogar von der Bundesnetzagentur als illegale „Sendeanlage“, also als Spionagegerät, verboten wurde. Die Stiftung Warentest hat dann ähnlich bedenkliche Datenlecks auch beim Roboter namens „i-Que“ und einem Smart-Teddy festgestellt: Jeder, der in Reichweite dieser Spielzeuge war, konnte sich Zugang zu Lautsprecher und Mikrofon verschaffen und so mit dem spielenden Kind kommunizieren, es auslauschen oder sogar direkt ansprechen. Der Roboter wurde in Deutschland vom Markt genommen, Teddy und Roboter können aber weiterhin bei Internethändlern bestellt werden, denn diese beiden sind nicht als illegale Sendeanlagen verboten worden. Ob die Bluetooth-Verbindung oder andere Funkschnittstellen bei einem Smart Toy ausreichend gesichert sind, weiß man beim Kauf des Spielzeugs in der Regel nicht, weil darüber keine Informationen mitgeliefert werden.
- Durchleuchtet: Vernetztes Spielzeug ermöglicht es den Anbietern, Profile der jüngsten Konsumenten anzulegen. Dies geschieht meist bei der Registrierung des Geräts oder beim Anlegen einer Nutzer-ID, wie es zum Beispiel bei den „Lego Knights“ verlangt wird. Zu diesen Basisinformationen kommen beim Spielen oft weitere Daten hinzu, auch Gesprächsaufzeichnungen oder Fotos. Lisa Scheibel von den „Marktwächtern“ sagt: „Bei der Registrierung müssen Angaben über das Kind und sich selbst gemacht werden – sollten diese Daten mit solchen aus der jeweiligen Spielsituation verknüpft werden, hätten Anbieter Möglichkeiten zur Profilbildung und zur personalisierten Werbung. Hierbei ist insbesondere bedenklich, dass Kinder im Spiel unter Umständen intime Wünsche, Träume oder Fantasien offenbaren, die aufgezeichnet und weitergegeben werden können.“
- Bestohlen: Die Nutzerkonten auf den Servern der Spielzeughersteller sind nicht immer sicher. Auch hier können Sicherheitslücken schwerwiegende Folgen haben, beispielsweise den Diebstahl von Klarnamen und Fotos von Kindern. Solche gestohlenen Identitäten können dann etwa für Bestellungen oder Chats unter falschem Namen missbraucht werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass fremde und unberechtigte Personen Kontakt zu den Kindern aufnehmen.
Was muss ich vor dem Kauf beachten?
Lisa Scheibel resümiert: „Es ist durchaus möglich, vernetzt zu spielen, ohne dabei Risiken einzugehen. Allerdings ist es in der Regel so: Nutzer sollten sich darüber im Klaren sein, dass vernetztes Spielzeug mit Gefahren verbunden sein kann und man die Kontrolle häufig aus den Händen gibt.“ Wer trotzdem eines der verlockenden Smart Toys kaufen möchte, sollte genau darauf achten, wie der Hersteller mit persönlichen Daten umgeht: Seriöse Hersteller informieren schon auf den Verpackungen der Spielzeuge genau darüber, welche Daten wie genutzt werden.
Überprüfen Sie vor dem Kauf von Smart Toys unbedingt:
- welche Funktionen das Spielzeug bereitstellt und ob insbesondere WLAN- und Bluetooth-Verbindungen genutzt werden,
- ob eine ständige Verbindung ins Internet besteht,
- ob und was Mikrofone aufzeichnen und
- ob die Daten nur auf dem Gerät verarbeitet werden oder ob sie auf einem fremden Server landen. Das sollte in der Datenschutzerklärung stehen.
Was sollte ich nach dem Kauf unbedingt beherzigen?
Die Verbraucherzentrale NRW rät: „Geben Sie beim Registrieren nie leichtfertig Ihre persönlichen Daten oder die Ihres Kindes in den jeweiligen Dienst ein, sondern reduzieren Sie die Daten auf das zur Nutzung erforderliche Minimum.“
- Schalten Sie internetfähige Smart Toys ab, wenn sie nicht in Gebrauch sind.
- Aktivieren Sie, wenn eine App das digitale Spielzeug steuert, die Jugendschutz-Funktionen auf dem genutzten Smartphone oder Tablet.
- Bedenken Sie: Über In-App-Käufe von Spielerweiterungen können zusätzliche Kosten entstehen. Deshalb: In-App-Käufe mit einem Passwort schützen!
Fazit:
Schauen Sie also doppelt hin, wenn es um smartes Spielzeug geht. Grundsätzlich sind internetfähige Geräte übrigens erst für Kinder ab zehn Jahren empfehlenswert. Denn erst in diesem Alter haben sie erste Online-Erfahrungen und lernen, Online-Risiken einzuschätzen. Achten Sie Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte Ihrer Kinder und übertragen Sie Ihren Erziehungsauftrag nicht an ein Spielzeug – und sei es noch so smart.
Quellen und weiterführende Links:
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