Reden wir über: Influencer
SVEN WEDIG ist Geschäftsführer der Influenceragentur „Vollpension Medien“ in Berlin. Er hat schon früh die zunehmende Bedeutung des Influencings erkannt.
scout: Mal ganz dumm gefragt: Was machen eigentlich diese Influencer?
Wedig: Wie das Wort schon sagt, sind sie Meinungsmacher. Unsere Agentur schaut sich auf Instagram, YouTube, Snapchat und anderen Plattformen um und sucht dort gezielt nach Accounts von Leuten, die innerhalb einer bestimmten Zielgruppe besonders beliebt sind. Die picken wir heraus, ‚infizieren’ sie mit den abgestimmten Botschaften der jeweiligen Marken. Diese Influencer erreichen die vom Kunden erwünschte Zielgruppe dann punktgenau auf ihren Lieblingsplattformen. Es ist also wie eine Injektion. Klassische Werbung, zum Beispiel mit Plakatanzeigen, funktioniert hingegen wie eine Gießkanne: Irgendwer wird schon nass werden …
scout: Woher kommen Influencer?
Wedig: Man muss erst einmal schauen, wo sie nicht herkommen. Eben nicht automatisch dorther, wo früher die werbenden Stars herkamen: aus dem Fernsehen zum Beispiel oder aus dem Sport. Die Influencer entstammen, wie gesagt, ihrer eigenen Zielgruppe. Sie wirken deshalb viel authentischer als klassische Stars. Das macht den größten Teil ihres Charmes aus. Und damit auch ihrer Wirksamkeit.
Influencer wird es geben, solange Menschen anderen Menschen folgen.
scout: Kritiker sagen, gerade diese Authentizität sei fast immer gelogen …
Wedig: Ich glaube, dass Influencer, die es mit ihren Fans nicht ehrlich meinen, auf lange Sicht keine Chance haben. Das zeigt sich immer dann, wenn wir mit den Protagonisten von Kampagnen ins wahre Leben gehen, zum Beispiel zu einer Preisverleihung. Wenn unsere Influencer da keine sozialen Kompetenzen vorweisen können, weil sie sich völlig in der virtuellen Realität eingeigelt haben, dann sind sie bald weg vom Fenster. Überhaupt, ganz klassische Werte wie Höflichkeit und Ehrlichkeit haben ja auch im Netz nicht ausgedient!
scout: Was ist mit der guten, alten Wahrheit? Stichwort: Schleichwerbung.
Wedig: Es muss ja gar nicht illegal sein, um irgendwie grenzwertig zu werden. Oft ist die Frequenz ja selbst schon problematisch: Wenn ich mit meinem Sohn eine halbe Stunde auf YouTube verbringe, haben wir hinterher gut und gerne zwanzig bis dreißig Werbespots übersprungen. Was Schleichwerbung betrifft: Das ist eigentlich kein so kompliziertes Thema, wie es immer dargestellt wird. Gerade beim Kinder- und Jugend-Marketing dürfen wir und die Unternehmen keine Angriffsflächen bieten. Wir müssen deshalb alle ordentlich kennzeichnen, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.
scout: Sehen Sie Grenzen des Influencing? Ist das irgendwann wieder vorbei?
Wedig: Influencer wird es geben, solange Menschen anderen Menschen folgen. Sie haben Marken-Kommunikation total verändert.
Dieser Artikel stammt aus dem scout-Heft 1/2018: "Folge mir!"