miniKIM-Studie 2020:
Wie nutzen Kleinkinder Medien?
Nach langer Zeit liefert die miniKIM-Studie 2020 wieder viele Einblicke in das Medienverhalten von Zwei- bis Fünfjährigen: Welche Medien nutzen sie, was schauen sie und wie lange? scout fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Freizeitaktivitäten der Kinder - mit und ohne (digitale) Medien
Die täglichen Aktivitäten, die den Alltag von Vorschulkindern bestimmen, werden nach wie vor vom Spielen – drinnen (83 Prozent) und draußen (77 Prozent) – dominiert. Platz 3 der Freizeitgestaltung belegt mit 70 Prozent ebenfalls eine analoge Beschäftigung: Bücher angucken beziehungsweise vorlesen lassen. Beliebte Medientätigkeiten bei der täglichen Nutzung in der Altersgruppe der Zwei- bis Fünfjährigen sind das Anhören von Hörspielen/Hörbüchern/Podcasts (35 Prozent) und Musik (29 Prozent) sowie Fernsehen (egal auf welchem Wege: 26 Prozent) und Radio hören (23 Prozent). Bereits hier zeigt sich das breite Medienrepertoire, mit dem Kleinkinder aufwachsen.
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Kleine Kinder – große Medienauswahl
In allen Familien gibt es Zugang zum Internet und in nahezu jedem Haushalt ist (mindestens) ein Handy/Smartphone vorhanden sowie ein Fernsehgerät. Des Weiteren verfügen 90 Prozent der Familien über einen Laptop/PC. In 76 Prozent der Haushalte befindet sich ein Tablet sowie in 73 Prozent ein Streaming-Abonnement. Dazu besitzen 67 Prozent derzeit eine feste oder tragbare Spielekonsole. Auf den „unteren Rängen“ sind noch Sprachassistenten mit 29 Prozent und mit gleicher Prozentzahl Kindercomputer nennenswert vertreten.
Die größte Dynamik im Vergleich zur letzten Erhebung, der miniKIM-Studie 2014, zeichnet sich bei der Ausstattung der Haushalte mit Tablet (+53 Prozentpunkte), Spielekonsole (+27 PP) und Kindercomputer (+14 PP) ab. Die Kinder selber besitzen nur ein überschaubares Angebot an Geräten: So haben 19 Prozent einen Kindercomputer/Laptop und 16 Prozent einen CD-/MP3-/Kassetten-Player/iPod. Ein eigenes Fernsehgerät oder ein eigenes Tablet besitzen je 14 Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen. Im Vergleich zur miniKIM-Studie 2014 zeigt sich dennoch ein deutlicher Anstieg beim Eigenbesitz der Kinder: vor allem Tablets, (Kinder-)Computer/Laptops und Fernsehgeräte befinden sich heute vermehrt im der Zwei- bis Fünfjährigen.
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Lineares Fernsehen verliert, Streaming-Angebote gewinnen
Nach Angaben der Haupterziehenden machen Kinder ihre erste Fernseherfahrung mit durchschnittlich 2,3 Jahren. Neben das herkömmliche lineare Fernsehen ist das zeitunabhängige Streamen von Medieninhalten getreten, via kostenlose Videoplattformen wie YouTube oder kostenpflichtiger Streaming-Angebote wie Prime Video, Netflix oder Disney +. Das Medienangebot hat sich seit der letzten Studie deutlich erweitert und insbesondere das Internet, vor allem durch seine Bewegtbildangebote, ist auch im Alltag der Kinder angekommen. So verbringen Kleinkinder aktuell im Schnitt bereits genau so viel Zeit mit Streamingangeboten wie mit dem klassischen Fernsehen.
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Viele Medienangebote, viel Medienzeit
Apropos Medienzeit: Betrachtet man die von den Haupterziehenden geschätzte Nutzungsdauer der unterschiedlichen Medien durch ihre Kinder, so entfallen an einem durchschnittlichen Tag 36 Minuten auf die Beschäftigung mit Büchern und 26 Minuten auf das Radiohören. Die Nutzung von Bewegtbildern kommt noch dazu:
Je 21 Minuten am Tag schauen die Kinder klassisches Fernsehen sowie Inhalte über kostenpflichtige Streamingdienste. 15 Minuten pro Tag nutzen die Mädchen und Jungen kostenfreie Online-Videoportale und 12 Minuten mit den Online-Angeboten der Fernsehsender. Das Internet nutzen sie im Schnitt 11 Minuten pro Tag, digitale Spiele werden durchschnittlich 6 Minuten pro Tag gespielt. Insgesamt liegt der Nettowert aller genutzten Bewegtbildangebote bei Kindern – Jungen wie Mädchen - täglich bei 67 Minuten.
Im Vergleich mit der Erhebung von 2014 ist die Nutzung fast aller abgefragten Medien bei der Altersgruppe der zwei- bis fünfjährigen Kinder gestiegen, lediglich das reine lineare Fernsehen hat aufgrund alternativer non-linearer Bewegtbildangebote an Nutzungsdauer eingebüßt (-22 Minuten).
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Digitale Spiele – schon früh und mobil
17 Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen nutzen regelmäßig digitale Spiele. Im Altersverlauf nimmt dieser Anteil allerdings deutlich zu: So spielen 8 Prozent der Zwei- bis Dreijährigen mindestens einmal in der Woche, während es bei den Vier- bis Fünfjährigen bereits 26 Prozent sind. Hinsichtlich der verschiedenen digitalen Spieloptionen ist das Spielen auf dem Handy oder Smartphone klarer Favorit.
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Corona-Pandemie führte zu mehr unbegleiteter Mediennutzung
Die miniKIM widmet sich auch den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Mediennutzungsverhalten der Kleinkinder. Zwei Fünftel der Haupterzieher*innen gaben an, dass die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Kontaktbeschränkungen Einfluss auf den Mediengebrauch hatten. Bei drei Fünftel der Kinder war das laut Angabe der Haupterzieher*innen nicht der Fall.
Bei den Befragten, die ein geändertes Nutzungsverhalten ihrer Kinder bestätigten, durften die Kinder vor allem länger fernsehen - 80 Prozent. 44 Prozent der Kinder wurde in dieser Zeit mehr vorgelesen. 39 Prozent durften öfters digitale Spiele spielen. Vor allem auf die Vier- bis Fünfjährigen wurde während dieser Zeit mehr Eigenverantwortung übertragen: So mussten sie sich öfter alleine beschäftigten (58 Prozent) und durften vermehrt Medien und Geräte alleine nutzen, die sonst nur gemeinsam mit den Eltern genutzt wurden (35 Prozent).
Technischer Kindermedienschutz – wichtig, aber weiterhin Randthema
Insbesondere beim Thema unbegleitete Mediennutzung durch Kleinkinder ist das Thema technische Schutzvorkehrung wichtig, um den Kindern einen sicheren Medienraum zu bieten.
Nach Angaben der Haupterziehenden haben zwölf Prozent der Kinder beim Fernsehen oder über Sendungen im Internet schon einmal für Kinder ungeeignete Inhalte gesehen (2-3 Jahre: 10 Prozent, 4-5 Jahre: 14 Prozent). 13 Prozent wurden mit etwas konfrontiert, das ihnen Angst gemacht hat (2-3 Jahre: 10 Prozent, 4-5 Jahre: 17 Prozent) und sieben Prozent haben schon einmal etwas gesehen, das ihnen unangenehm war.
So überrascht es, dass bei der Frage nach Filterprogrammen fürs Internet 44 Prozent der Befragten angaben, keine zu kennen und 28 Prozent nicht wissen, wo man sich zu diesem Thema informieren könnte. Bezüglich technischer Schutzoptionen fürs Internet besteht weiterhin große Unsicherheit bei den Eltern.
Fazit
Die miniKIM-Studie 2020 belegt, dass digitale Medien – insbesondere Streaming-Angebote –fest im Alltag der Kleinen integriert sind. Dennoch sind viele Angebote - egal ob im klassischen Fernsehen oder bei Streamingdiensten -primär nicht für Kinderaugen gedacht. Eltern sollten einen genauen Blick auf die Mediennutzung ihrer Sprösslinge haben und sie insbesondere bei ihren ersten Medienerfahrungen begleiten.
Hinsichtlich einer altersgerechten Auswahl an Medienangeboten geben Webseiten wie www.flimmo.de oder die „Datenbank für Kindermedien“ auf www.gutes-aufwachsen-mit-medien.de Orientierung. Im Zuge steigender unbegleiteter Mediennutzung durch Kinder ist die Schaffung eines geschützten beziehungsweise geschützteren Medienraums wichtig. Hier hilft beispielsweise www.medien-kindersicher.de weiter und zeigt, wie digitale Geräte und Angebote altersgerecht eingestellt werden können.
Wie die miniKIM darlegt, fordert die frühe Nutzung von (digitalen) Medien auch die frühe Vermittlung eines kompetenten Umgangs mit ihnen – das sollte Eltern klar sein.