Freundschaft auf dünnem Eis:
Essstörungen online
STEFANIE RACK
hat für für die EU-Medienkompetenzinitiative Klicksafe Online-Essstörungen im Blick: „Die sind ein Dauerbrennerthema!“
Der Einstieg in eine Essstörung ist im Internet schnell vollzogen. Die Kontaktaufnahme zu einer „Ana-Gruppe“ („Ana“ steht für Anorexia nervosa, also Magersucht) gelingt verstörend einfach: „Sie sollten einfach mal bei Google ‚Ana-Gruppe findenʻ eingeben, das reicht“, sagt Stefanie Rack, die für die EU-Medienkompetenzinitiative Klicksafe Essstörungen im Blick hat.
Und tatsächlich, gleich der erste Vorschlag der Suchmaschine lockt so:
Wer klickt, landet auf „Groupio. App“, einer Seite, die den direkten Einstieg in geschlossene Chatgruppen jeglicher Art ermöglicht. Die Pro-Ana-Gruppe
versteckt sich ausgerechnet im Ressort „Selbsthilfe“. Sie ist dort beileibe nicht das einzige Angebot, das mit Bildern von ultradünnen, knochigen Körpern zum gemeinsamen Hungern verlocken will.
Das nennt sich im Netz auch „Thinspiration“. Das Vorantreiben und Verstärken von Essstörungen im Netz sei, sagt Stefanie Rack, „ein wesentlicher gefährdender Inhalt“ im Internet und auch als „Dauerbrennerthema“ regelmäßig in den Berichten von jugendschutz.net zu finden.
Im Internet können sich Betroffene zwar auch schnell und einfach über die Krankheit informieren und Kontakt zu professioneller Hilfe aufnehmen. „Über Suchmaschinen oder Social Media stolpern Jugendliche aber immer wieder in bedenkliche Plattformen. Zum Beispiel, wenn sie eigentlich nach Fitness- oder Abnehm-Tipps suchen“, sagt Stefanie Rack. Oft suchten die Betroffenen aber auch gezielt Kontakt zu anderen jungen Menschen mit Essstörungen. Schlank sein, fit sein, das habe in unserer „Bewertungsgesellschaft “ einen hohen Stellenwert. Instagram und TikTok täten ihr Übriges, um gerade Mädchen und jungen Frauen täglich unrealistische, oft per Beautyfilter optimierte Körperbildervorzuspiegeln – als „Einstiegsdrogen“ in eine Essstörung.
„Den Moderatoren der Chats geh es zumeist um Macht und Kontrolle, um Manipulation“, sagt Stefanie Rack. Das geschehe unter dem Mantel einer vorgeblich engen, freundschaftlichen Chat-Beziehung: „So werden schon Minderjährige in die Krankheit getrieben.“ In sektenartig nach außen abgeschlossenen Gruppen verabreden sich die Mitglieder zu Hunger-Challenges, erlegen sich strenge Kalorien-Limits auf, praktizieren bei Nichteinhaltung Selbstbestrafung. Das ist für Angehörige – wenn sie es überhaupt mitbekommen– nur schwer zu ertragen.
„Schnelles Abnehmen ist ein Warnzeichen“, sagt Stefanie Rack. Ebenso exzessiver Sport und auffälliges Interesse für Nahrungs- und Ernährungsthemen – insbesondere, wenn diese Zeichen gleichzeitig und gemeinsam auftreten: „Dann müssen Eltern sofort handeln, mit dem Kind ins Gespräch kommen und professionelle Hilfe suchen!“ Im Netz fänden sich viele gute informierende und unterstützende Anlaufstellen, unterstreicht Stefanie Rack.
Was tun gegen die Verherrlichung von Esstörungen im Netz?
Infos zu Erkrankungen, Tipps zum Umgang mit Betroffenen und Links zur Hilfe:
https://www.klicksafe.de/verherrlichung-von-essstoerungen
https://www.bzga-essstoerungen.de/
Beratungsstellensuche nach Postleitzahl:
https://www.bzga-essstoerungen.de/hilfe-finden/suche-nach-beratungsstellen/
Hintergründe:
https://www.jugendschutz.net/mediathek/artikel/selbstgefaehrdung-im-netz