Ein Kreisjugendschützer berichtet, wen er unterstützt, wie und warum
In ganz Schleswig-Holstein gibt es in den Kreisen und in den kreisfreien Städten Jugendschützer*innen. Einer von ihnen ist Jörn Folster aus dem Kreis Pinneberg. Über seinen gesetzlichen Auftrag, seine praktische Arbeit und was die mit digitalen Medien zu tun hat, erzählt er im scout-Interview.
Jörn Folster ist Jugendschützer im Team Prävention und Jugendarbeit bei der Kreisverwaltung Pinneberg.
Eine Übersicht über alle Jugendschützer*innen in Schleswig-Holstein finden Sie hier: Download PDF
Herr Folster, Sie sind sogenannter Kreisjugendschützer. Die gibt es in ganz Schleswig-Holstein. Wo genau sind Sie tätig?
Ich bin angestellt bei der Kreisverwaltung Pinneberg, die in Elmshorn sitzt. Dort arbeiten über 1.000 Mitarbeitende, die für viele verschiedene Angelegenheiten zuständig sind: vom Straßenverkehr, Abfall, Bildung bis hin zum Fachbereich Soziales, Jugend, Schule und Gesundheit. Da bin ich angegliedert, genau genommen im Fachdienst Jugend und Soziale Dienste, im Team Prävention und Jugendarbeit. Insgesamt sind wir dort zwölf Kolleg*innen, ich bin für den erzieherischen Jugendschutz zuständig.
Und was sind Ihre Aufgaben?
Meine Ziele als Jugendschützer sind im achten Sozialgesetzbuch für den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz definiert. Demnach ist es meine Aufgabe, junge Menschen in ihrer Persönlichkeit zu stärken, sich selbst vor gefährdenden Einflüssen zu schützen. Das können ganz unterschiedliche Gefahren aus verschiedenen Bereichen sein: Gewalt, Extremismus, Sexualität, legale und illegale Drogen sowie Risiken digitaler Medien.
Auch meine Handlungsfelder sind ganz unterschiedlich. Ich entwickle verschiedene zielgerichtete Maßnahmen in den Bereichen der Aus- und Fortbildung, Jugendschutzprojekte, Netzwerkarbeit und regionale Jugendschutzkonzepte für öffentliche Veranstaltungen. Dabei habe ich nicht nur die Kinder und Jugendlichen im Blick, sondern auch Eltern und andere Erziehungsberechtigte sowie Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen, pädagogische Fachkräfte und Handelnde in Vereinen und Verbänden. Also alle, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben und deren Ziel es ist, junge Menschen zu stärken und schützen.
Mit welchen Problemen rund um digitale Medien kommen Eltern - aber auch Schulen - zu Ihnen?
Da ist die Bandbreite ganz groß. Schließlich spiegeln digitale Medien verschiedene Themen wider, die genauso Gewalt, Sexualität und Extremismus berühren. Es wenden sich Eltern an mich, die sich sorgen, dass ihr Kind exzessiv Medien nutzt. Oder Schulen, die Fälle von Cybermobbing haben, oder - besonders in letzter Zeit ein größeres Thema – das Versenden von jugendgefährdenden Inhalten im WhatsApp-Klassenchat, wie die Verbreitung von Extremismus, Verschwörungstheorien oder Gewalt- und Missbrauchsvideos von Kindern.
Wie helfen Sie bei solchen Anfragen?
Viele Anfragen kommen direkt aus dem Schulumfeld, mich kontaktieren Schülervertretungen, Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen oder Eltern. Mir wird ein Vorfall geschildert und ich schätze erstmal ein, ob ich überhaupt dafür zuständig bin oder weiterhelfen kann. Wenn nicht, leite ich an eine andere Institution weiter. Wenn ja, ist es mir wichtig, nicht vom Schreibtisch aus zu beraten, sondern direkt vor Ort. Ich fahre dann zu den jeweiligen Einrichtungen, dort führe ich dann zum Beispiel das Gespräch direkt mit einer Schulklasse oder den Schulsozialarbeiter*innen oder unterstütze bei einem Elternabend. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen, ich berate, vernetze und gebe Handlungsempfehlungen.
Das klingt sehr zeitaufwendig.
Ja, ist es. Mir liegt aber sehr an einem langfristigen Prozess, an Nachhaltigkeit und keiner einmaligen Krisenintervention. Die Beteiligten sollen überlegen: Was sind unsere Ziele und wie setzen wir sie um? Das kläre ich mit den jeweiligen Personen und komme dann gerne nach einiger Zeit wieder, um den Stand der Dinge zu erfragen. Viele Schulen berichten mir, dass sie das zwar auch viel Zeit kostet – es ihnen aber auf lange Sicht auch etwas bringt. Die Nachbereitung eines Vorfalls fällt leider aus Zeitgründen weg. Doch das „Wie machen wir nun weiter?“ ist ganz wichtig und letztlich sehr gewinnbringend.
Gehen Sie auch direkt in Familien und unterstützen dort die Eltern bei Problemen rund um die Medienerziehung ihrer Kinder?
Nein, für Einzelfallberatungen von Eltern oder Familien bin ich nicht zuständig. Aber ich stehe ihnen trotzdem als Ansprechpartner zur Verfügung. Ich höre mir ihre Sorgen an und gemeinsam überlegen wir, welche Schritte zur Problemlösung helfen. Ich verstehe meine Rolle als eine sehr vermittelnde. Aus meiner vielen Netzwerk- und Gremienarbeit kenne ich mittlerweile einen großen Kreis an Unterstützer*innen. Berichten Eltern beispielsweise, dass ihr Kind überhaupt nicht mehr aus seinem Zimmer kommt und nur noch mit digitalen Medien beschäftigt ist, verweise ich an die jeweiligen Institutionen wie Erziehungs- oder Suchtberatung – denn hier ist persönliche Einzelberatung gefordert.
Was raten Sie Eltern, die Konflikte rund um die Mediennutzung ihrer Kinder vermeiden möchten?
Ich ermutige die Eltern, ihre Erziehungsaufgaben und -ansätze aus dem realen Leben auch auf das digitale zu übertragen. Regeln und Absprachen gelten eben auch online. Das betrifft auch die Konsequenz in der Einhaltung dieser Regeln. Und das Verhängen der entsprechenden Sanktionen bei Nicht-Befolgung genauso wie den eigenen Vorbild-Charakter. Was ich meinem Kind, beispielsweise durch den eigenen Konsum von Tabak oder Alkohol vorlebe, lebe ich ihm auch mit meinem Mediennutzugsverhalten vor.
Welche Rolle kann Schule bei der Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen übernehmen?
Medienerziehung und Medienkompetenzvermittlung müssen ganzheitlich gesehen werden. Da gibt es nicht nur eine zuständige Personengruppe. Nicht nur Eltern, aber eben auch nicht nur Schule. Alle habe ihren Part dabei, die Kinder frühzeitig fit im Umgang mit Medien zu machen und ihnen die kreativen aber auch kritischen Aspekte der Mediennutzung zu vermitteln.
Am besten die Kinder von Anfang an auch beteiligen und fragen: Welche Medien nutzt du und warum? Was macht dir Spaß? Wo brauchst du Hilfe? Schulen sollten auch den Mut haben, sich öfter Unterstützung von Externen zu holen, zum Beispiel durch den erzieherischen Jugendschutz im Land Schleswig-Holstein. Wie schon gesagt: Frühzeitig, präventiv und langfristig – das sind für mich wichtige Ansätze bei der Medienerziehung. Dabei unterstütze ich gerne – Eltern und Schulen.