Einblick in die Praxis

Wie Medienhelden die Kita-Arbeit erleichtern

Feuerwehrmann Sam oder Paw Patrol – die Medienhelden der Kinder helfen nicht nur Menschen und Tieren in Not. Sie unterstützen auch die pädagogische Arbeit in der Kita. Wie's geht, zeigt Kira Stomberg.

Kira Stomberg studierte Erziehungs- und Bildungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik. Seit 2017 arbeitet sie in der Kindertagesstätte „Akademie für Kinder“ in Langenhorn. Sie bietet für die Kinder regelmäßig Projekte mit digitalen Medien an.

Jedes Kind kennt sie, jedes Kind hat einen von ihnen ganz besonders ins Herz geschlossen. Für einige gibt es keine schönere Farbe als das „Elsa-Blau“ des Kleides von Disneys mutiger Eiskönigin. Andere bekommen leuchtende Augen, wenn sie von den spannenden Abenteuern der sechs heldenhaften Vierbeiner der Serie Paw Patrol erzählen. Natürlich dürfen auch die altbekannten Bibi Blocksberg und Pippi Langstrumpf nicht fehlen, wenn es um die Medienhelden der Kinder geht.

Wie wichtig den Kindern ihre Medienhelden sind, können wir in der Kita jeden Tag beobachten. In Rollenspielen schlüpfen die Kinder regelmäßig in die Haut ihrer Lieblingscharaktere aus Film und Fernsehen, um sich einmal so stark zu fühlen wie Spiderman, so schnell wie Lightning McQueen von Cars oder so mutig wie Feuerwehrmann Sam. Für die Kinder sind Medienhelden wichtige Identifikationsfiguren, weshalb wir sie in der Kita regelmäßig zum Thema machen. In den Gesprächen mit den Kindern erfahren wir viel über ihre Interessen und Wünsche, aber auch über ihre Sorgen und Ängste.

Um die Medienhelden der Kinder kennenzulernen und zu erfahren, welche Themen sie gerade bewegen, eignet sich besonders der bei uns regelmäßig stattfindende Spielzeugtag. Dann versammeln sich oft viele Medienhelden in der Kita - in Form von Büchern, Puppen oder Autos. Sie liefern uns Erzieher*innen vielfältige Gesprächsanlässe, die wir im Morgenkreis aufgreifen können. Auch in Unterhaltungen mit den Kindern oder beim Beobachten von Rollenspielen erfahren wir viel darüber, welche Figuren sie bewundern. Um herauszufinden, welche Eigenschaften die Figuren für Kinder zu Helden machen, lohnt sich der Blick ins Detail. Besonders beim Malen von Bildern können Kinder ihre medialen Erfahrungen zum Ausdruck bringen:

Hanna, 5 Jahre: Zummi Gummi

Während eines Gespräches über Süßigkeiten erzählt die fünfjährige Hanna, dass sie Gummibärchen am liebsten mag. Denn diese spielen die Hauptrollen in ihrer Lieblingsfernsehsendung Disneys Gummibärenbande: „Ich finde Zummi Gummi am besten! Der kann nämlich zaubern. Der kriegt das nicht immer so gut hin, aber der hat die anderen Gummibären trotzdem schon ganz oft gerettet. Der kämpft immer gegen die Bösen und gewinnt dann!“

Lio, 3 Jahre: Feuerwehrmann Sam

Mit einem knallroten Stift malt der dreijährige Lio in schwungvollen Bewegungen auf sein Blatt Papier. Zwei Zeichnungen, die er zuvor sehr konzentriert aufgemalt hatte, streicht er plötzlich entschieden wieder durch. Er scheint aber keineswegs unzufrieden mit seinem Werk zu sein. Fröhlich fordert er mich auf: „Guck mal!“ und beschreibt mir voller Stolz, dass er den berühmten Feuerwehrmann Sam aus der gleichnamigen Fernsehserie gemalt hat. „Das ist Feuerwehrmann Sam. Der hat einen Wasserschlauch.“ Die Bewunderung ist ihm deutlich anzusehen. Als ich ihn frage, was es mit den durchgestrichenen Zeichnungen auf sich hat, antwortet er: „Das ist Feuer. Feuerwehrmann Sam macht da dann ganz viel Wasser drauf. Und dann ist das weg.“

Finn, 6 Jahre: Pippi Langstrumpf

Die orange-roten Haare lassen keinen Zweifel zu: Der sechsjährige Finn hat eine fröhliche Pippi Langstrumpf gemalt. Und genau das ist es auch, was er an Pippi so schätzt. „Die ist immer so fröhlich und hat lustige Ideen.“ Während Finn die bunte Kleidung seiner Medienheldin malt, erzählt er mir beeindruckt, dass Pippi so stark ist, dass sie sogar ein Pferd tragen kann. „Sie hat auch schon mal einen Dieb auf einen Schrank gesetzt. Der wollte ihr Gold wegnehmen.“

Maila, 4 Jare: Elsa, die Eiskönigin

Die vierjährige Malia sucht entschieden nach einem hellblauen Stift. Nachdem sie einen Kopf mit blond-blau-schimmernden Haaren gemalt hat, holt sie aus einer Materialkiste goldene Schnipsel. „Elsa braucht ein schönes Kleid!“, sagt sie und klebt die Papierstückchen unter Elsas Kopf. Zufrieden schaut sie auf ihr fertiges Bild. Als ich sie frage, was ihr an Elsa besonders gefällt, antwortet sie: „Ihr Eiszauber! Damit beschützt sie ihre Schwester Anna.“

Azra, 4 Jahre: Lightning McQueen

Dass die 4-jährige Azra Lightning McQueen aus dem Disney-Film Cars malt, ist für mich keine Überraschung. Jeden Freitag am Spielzeugtag zeigt sie mir und den anderen Kindern voller Stolz ein anderes Fahrzeug aus der Filmreihe. „Was gefällt dir an Lightning McQueen?“, frage ich. „Der kann so schnell fahren und der hat auch ganz viele Freunde, die ihm immer helfen!“


Die Auseinandersetzung mit den Medienhelden unterstützt meine pädagogische Arbeit in der Kita. Durch die Gespräche und die Bilder erfahre ich viel über die Kinder und das, was sie beschäftigt.

Hanna bewegt beim Anschauen ihrer Lieblingsserie viel die Thematik von Gut und Böse. Und schon eröffnet sich für uns ein neuer Gesprächsanlass: Wir sprechen darüber, dass reale Menschen nicht nur gut oder nur böse sind. Und dass sich auch unsere Gefühle ändern: Wir sind mal fröhlich, mal wütend oder mal traurig - und dass das so auch in Ordnung ist.

Lio setzt sich mit seiner Angst vor Feuer auseinander, die ihn immer wieder umtreibt. Mit Feuerwehrmann Sam hat er nun einen Helden gefunden, der ihm diese Angst ein Stück weit nimmt.

Finn hat in Pippi ein echtes Vorbild gefunden. Sie ist mutig, stark und löst ihre Probleme mit viel Humor.

Malia bewundert zwar die Glitzerkleider von Elsa (Welches Kind mag auch kein Glitzer? ). Sie bewundert aber auch ihren willensstarken, kämpferischen und autonomen Charakter, mit dem sie ihre Familie und Freunde beschützt.

Und Azra? Azra liebt Autos. Ihr ist es egal, wenn andere Kinder zu ihr sagen, dass damit eigentlich nur Jungs spielen würden. Sie beweist das Gegenteil und ist einfach glücklich, dass sie Freunde hat, die diese Leidenschaft mit ihr teilen und sie zusammen Rennen auf dem Autoteppich veranstalten können.

Um Medienerziehung in der Kita zu betreiben, muss nicht immer besondere Technik zum Einsatz kommen. Manches Mal reicht es einfach die Kinder nach ihren Medienhelden zu fragen und schon bieten sich viele Gesprächsanlässe.
Die Helden der Kinder haben viel Gutes – auch für uns Erzieher*innen.