Wenn Sie die beiden Begriffe Grundschule und Medien hören, was fällt Ihnen dazu ein?
Interview mit Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein.
Die Corona-Pandemie hat auch die Schulen im nördlichsten Bundesland herausgefordert. Für manche Modellschulen war die komplette Umstellung auf „Lernen mit digitalen Medien“ kein Problem. Andere Schulen haben sich schwergetan. Frau Ministerin, welche Chancen und welche Lücken haben sich in der Pandemie gezeigt?
„Es hat sich vor allem gezeigt, dass nicht nur die digitale Ausstattung der Schulen, sondern auch die digitalen Kompetenzen sehr unterschiedlich sind. Schulentwicklung und Fortbildung stehen daher auch im kommenden Schuljahr im Vordergrund. Wir haben bei der digitalen Ausstattung der Schulen im Land viel erreicht. Dabei hilft uns der Digitalpakt Schule. Er hat zum Ziel, die Technik innerhalb der Schulgebäude – von WLAN bis Präsentationstechnik – zu verbessern. Das hilft, wenn die Schülerinnen und Schüler tatsächlich im Klassenraum und nicht im Kinderzimmer sitzen. Und: Diese Investitionen in die digitale Infrastruktur erfordern auch einen durchdachten Medienentwicklungsplan und ein medienpädagogisches Konzept an den Schulen, sowie eine gezielte Fortbildungsplanung für das Kollegium. Daran arbeiten wir mit Hochdruck – und in der Pandemie haben wir noch einmal viel Geld in die Hand genommen, um die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten auszustatten oder beispielsweise Lernmanagement-Systeme anzuschaffen.“
Beim Lernen mit Medien soll das Lernen über Medien nicht vergessen werden. So wichtig die technische Schulausstattung auch ist, auch das medienkritische Denken der Schülerinnen und Schüler soll geschult werden. Medienbildung soll zudem früh beginnen. Wenn Sie die beiden Begriffe Grundschule und Medien hören, was fällt Ihnen dazu ein?
„Wir haben die Medienbildung in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt. Medienbildung ist ein Querschnittsthema. Mit den Ergänzungen zu den Fachanforderungen „Medienkompetenz - Lernen mit digitalen Medien“ haben wir dieses Thema auch für alle Jahrgangsstufen im Unterricht verankert. Medienbildung und kritischer Umgang mit Informationen hat gerade in der Pandemie eine besondere Bedeutung bekommen und ist ins Bewusstsein vieler Menschen gekommen. Wenn wir an die vielen Gerüchte und Falschinformationen zum Coronavirus selbst oder zum Beispiel zum Masketragen oder zur Impfung denken, wird deutlich, wie wichtig dieser Aspekt in der Informationsgesellschaft ist. Schülerinnen und Schüler müssen lernen, Informationen einzuordnen und Quellen kritisch zu überprüfen. Das gilt übrigens nicht nur in der Pandemie. Demokratische Teilhabe ist in einer immer komplexer werden Welt davon abhängig, dass ich Informationen einordnen und bewerten kann. Niemand kann mehr selbst alles Faktenwissen haben.“
Die Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ enthält auch Hinweise auf den Kinder- und Jugendschutz. In der Fülle der digitalen Lernchancen werden die Sorgen vor negativen Medienwirkungen und vor medialen Nutzungsrisiken manchmal übersehen.
Medienbildung und kritischer Umgang mit Informationen hat gerade in der Pandemie eine besondere Bedeutung bekommen und ist ins Bewusstsein vieler Menschen gekommen. Schülerinnen und Schüler müssen lernen, Informationen einzuordnen und Quellen kritisch zu überprüfen.
Sind die Schulen in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg zu einer umfassenden Medienbildung? Will das zuständige Bildungsministerium lenkend oder fördernd eingreifen? Ist Medienbildung in der Lehreraus- und –weiterbildung ausreichend verankert?
„Medienbildung spielt sowohl in der Schule als auch in der Lehrkräfteausbildung eine große Rolle. Neben den Materialien, die das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen (IQSH) zum Beispiel als Ergänzung zu den Fachanforderungen bereitstellt, sind unsere Medienkompetenztage ein zentraler Ort des Austausches, parallel gibt es beispielsweise den „Safer Internet Day“ oder von den Schulen selbst organisierte „Digitale Stunden zur Medienkompetenz. Dabei arbeiten wir zum Beispiel auch mit dem Offenen Kanal zusammen. Chancen und Gefahren werden im Unterricht natürlich auch beleuchtet. Und in der Broschüre „Medienerziehung in Schleswig-Holstein Informationen und Tipps für Lehrkräfte und Eltern“ stellen wir einen Ratgeber zur Verfügung.
Wichtig ist mir persönlich, dass man Gefahren nur durch Verständnis und Wissen begegnen sollte, nicht aber durch Angst und pauschale Ablehnung von Medien oder digitalen Zugängen.“
Ihr Bildungsministerium hat mit digitalen Modellschulen auf sich aufmerksam gemacht. Wie wie wird das Modell zum Regelfall? Wie unterstützt Ihr Ministerium die Verbreitung der mit Preisen versehen Schulen in die Fläche? Woran können Eltern auf der Suche nach der richtigen Grundschule erkennen, ob eine angemessene Medienbildung stattfindet?
„Wir entwickeln an allen Schulen eine neue Kultur der Digitalität. Schleswig-Holstein hat mittlerweile 130 digitale Modellschulen. Die Liste kann man einfach unter diesem LINK einsehen (Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein - Projekt „Lernen mit digitalen Medien im Fachunterricht“ - Liste der Modellschulen - schleswig-holstein.de). Unsere Schulen entwickeln sich aber gerade durch die Pandemie weiter. Modellschulen waren Vorbilder und Antreiber, mittlerweile treiben wir die digitale Schulentwicklung an allen Schulen im Land weiter. Gute digitale Konzepte und gute Medienbildung finden sich mittlerweile an fast allen Grundschulen.“
In eigener Sache: Medienbildung sollte auch in Grundschulen stattfinden – dafür setzen sich scout und die von der MA HSH initiierten Internet ABC-Schulen seit nunmehr zehn Jahren ein. Welchen Beitrag hat scout – in Ihren Augen – in den vergangenen zehn Jahren geleistet?
„Das Projekt Internet-ABC-Schule ist seit Jahren ein bewährter Baustein beim Lernen mit digitalen Medien. Es erreicht gleichermaßen die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler als auch die Eltern und damit alle die Gruppen, die unsere Kinder stärken können im Umgang mit den digitalen Medien. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dies gemeinsam anzugehen.“
Zu guter Letzt: Welche Wünsche geben Sie uns mit auf den Weg?
Mein Wunsch für Sie: Machen Sie so weiter wie bisher. Wir greifen in der Lehreraus-und –fortbildung immer gerne auf Artikel von scout zurück und stellen diese zur Diskussion.“