Was Erzieherinnen über Medien in der Kita denken
Wischen, Malen, Gucken – Tablets und Smartphones gehören schon für kleine Kinder zum Alltag. Kinderwelt ist auch Medienwelt. Darin waren sich die 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Fachtag „Medienpädagogik in der Kita“ am 6. Oktober 2016 in Hamburg einig. Doch warum hat die Medienpädagogik einen sehr geringen Stellenwert in den Kitas? Und wie kann man das ändern? Darüber wurde fleißig diskutiert. Ein Nachbericht von Nina Soppa, Referentin für Medienkompetenzförderung der MA HSH.
Auf der langen Bahnfahrt mit der Sandmäppchen-App spielen, die 600 km entfernte Oma via Tablet und Skype wiedersehen oder die ersten eigenen Schritte auf dem Smartphone der Eltern ansehen – Kinder wachsen mit Medien auf, weil wir Erwachsenen sie täglich nutzen. Die Geräte begleiten und begeistern, entlasten und belasten uns. Das kriegen auch die Kinder mit. Und was Mama und Papa haben und machen, wollen die Sprösslinge auch. Wohlgemerkt: Nicht erst im Grundschulalter, sondern schon in der Krippe.
Das Bild von 2-Jährigen, die Wischbewegungen über Bilderbücher machen und sich wundern, dass nichts weiter passiert, kennen daher bereits alle Erzieherinnen. Die Medienwelt verändert die Kitawelt – darauf müssen die Einrichtungen vorbereitet werden. Kinder für die Medienwelt fit zu machen, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Und damit kann man nicht früh genug anfangen. Das betonte Barbara Wolter, Schulleiterin der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik (FSP 2) und Gastgeberin der Veranstaltung.
Medienpädagogik in der Praxis: Hamburg kein Leuchtturm
„In den Lehrplänen der Erzieherausbildung kommt Medienpädagogik durchaus vor. Nur kommt im Kita-Alltag wenig davon an“, erläuterte Prof. Rudolf Kammerl das Fazit seiner Expertise „Medienpädagogik in Kitas“. Im Auftrag der MA HSH hat er gemeinsam mit Mareike Thumel eine Analyse der Aus- und Fortbildungen von Erzieherinnen in Hamburg und Schleswig-Holstein vorgenommen.
Als einen der Gründe nannte Kammerl, ein mögliches Missverständnis: Wird Medienpädagogik von den Erziehern abgelehnt, weil Mediennutzung in der Kita abgelehnt wird? Haben also die Erzieherinnen eine verdrehte Vorstellung von Medienpädagogik? Diesem Missverständnis müsse entgegengewirkt werden. Kammerl sieht großen Bedarf, medienpädagogische Fortbildungen zu erweitern und Rahmenbedingungen für Medienbildung in Kitas zu schaffen. Hier sei Hamburg im bundesweiten Vergleich kein Leuchtturm.
Wichtig: Ängste abbauen und Impulse setzen
Götz Jark, Erzieher in der berufsbegleitenden Ausbildung, betonte in der anschließenden Podiumsdiskussion, wie wichtig es sei, den Erzieherinnen und Eltern die Ängste bzw. die Vorbehalte gegenüber den Medien zu nehmen. Mehr noch: Sie zu ermutigen, selbst den richtigen Umgang mit den Medien zu lernen – aber vor allem ihn vorzuleben und Vorbild zu sein.
An der FSP 2 lernen die Erzieherinnen beispielsweise die Produktion von Stop-Motion-Filmen, Hörspielen und Musikvideos. Es sei Aufgabe der frisch ausgebildeten Erzieherinnen, diese Impulse und Anregungen in die Kitas zu bringen, ergänzte Jark.
Medienarbeit in der Kita: Mehr als digitale Fotoapparate und Bilderrahmen
Die medienpraktischen Workshops am Nachmittag zeigten, wie Medienpädagogik in der Praxis funktionieren kann. Dabei wurde deutlich: Medienarbeit in der Kita ist mehr als mit der Digitalkamera zu fotografieren oder digitale Bilderrahmen aufzuhängen.
Bilderbuch-Apps zur Sprachförderung, digitale Medien zur Unterstützung in der Portfolio-Arbeit oder Elternabende zur Medienerziehung in der Familie: Die Möglichkeiten über Medien zu reden und diese zu nutzen sind vielfältig – für Kinder, Erzieherinnen und Eltern.
Einen anschaulichen Einblick in die medienpädagogische Kita-Praxis gab zum Abschluss der Veranstaltung Benjamin Eisenblätter, Schüler der FSP 2, am Beispiel „Star Wars“. Er griff die „Medienhelden“ seiner Kita-Kinder auf und produzierte mit ihnen einen Kurzfilm. Von der Auswahl der Darsteller, über den Bau der Requisite bis hin zur Gestaltung der Einladung für die anschließende Filmvorführung mit den Eltern – die Kinder waren bei allen Prozessen dabei und zwar mit Begeisterung.
Danach stand für alle fest: Für die Medienbildung in der Kita braucht es keine Superhelden-Kompetenzen – wohl aber den Willen und ein bisschen Mut, die real existierende Medienwelt der Kinder in die pädagogische Arbeit aufzunehmen und ihnen den sicheren Umgang mit den Medien zu vermitteln.
Die Fachtagung wurde gemeinsam von der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH), dem Blickwechsel e.V. und der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik Altona (FSP2) organisiert. Sie ist Teil der bereits zum dritten Mal stattgefunden Veranstaltungsreihe „Frühe Kindheit und Medien“. Eine Fortführung der Veranstaltungsreihe ist vorgesehen.
Weitere Infos und Experstise „Medienkompetenzförderung in Kitas“
Factsheet zu den Workshops
Präsentation zum Workshop „Mit Medien den Kita-Alltag erleichtern“
Die Expertise „Medienpädagogik in der Kita. Eine Expertise zum Stand in Hamburg und Schleswig-Holstein“ von Prof. Rudolf Kammerl und Mareike Thumel steht hier zum Download zur Verfügung. Ein Printexemplar der Expertise können Sie hier anfordern.
scout-Artikel „Was Eltern über Medien in der Kita denken“