"Es muss nicht immer 'touchy' sein!"
Henning Fietze ist Medienkompetenzexperte beim Offenen Kanal Schleswig-Holstein in Kiel. Der Medienpädagoge hat das Projekt „Game Treff“ entwickelt, leitet die Ausbildung der „ElternMedienLotsen“ und ist Kolumnist („Fietzes Netzwelt“) in den sh:z-Zeitungen.
Herr Fietze, Sie schulen Erzieherinnen und Erzieher in "stromloser Medienerziehung". Was machen Sie da genau?
Medienarbeit ohne Medien! Es muss nicht immer "touchy" sein. Smartphones und Notebooks sind klasse und unersetzlich, aber es geht auch anders. U3- und Kindergartenkinder stecken voller Eindrücke aus Fernsehen, Games von größeren Geschwistern, dem Tablet der Eltern und der familiären Spielekonsole. Diese manchmal sehr beeindruckenden, manchmal aber auch bedrückenden Bilder und Erlebnisse sollten im Kindergarten ruhig Thema sein.
Aber oft brauche ich kein Tablet und keine Fotokamera um über Spaß und Frust im Medienalltag zu arbeiten: Malen, Nachspielen, Hörreisen, ein Quiz über Medienstars, die "beste Handyhülle der Welt" oder "YouTube ohne Internet" sind kleine Methoden um Medienerziehung ohne Zeigefinder, Kabeltrommel oder Aufbaustudium möglich zu machen.
Wenn Kinder einen YouTube-Clip mit Holzspielzeug nachspielen, zeigt sich, was bei ihnen hängenbleibt.
Was sind die Vorteile der stromlosen Medienerziehung?
Es ist einfach ermutigend: Es geht fix, jeder kann’s und ohne leere Akkus und wackeliges WLAN steige ich direkt in kreative oder reflektierende Prozesse ein. Wenn Kinder einen YouTube-Clip mit Holzspielzeug nachspielen, zeigt sich, was bei ihnen hängenbleibt: Ein Autocrash, eine schöne Sängerin oder nur das Gefühl des Kindes zu dem Clip. Die Gruppe muss nicht zusammen YouTube schauen, um zu sehen: Bei Theo ist der Kopf gerade voll mit vielen schnellen Bildern aus einem Clip mit Chrashtestdummies – und ihm ist nicht ganz klar, dass das keine echten Menschen sind. Genau so kann es mit der kreativen Umsetzung laufen: Wenn Kinder die App "Subwaysurfer" mit Wachsmalern malen, kommt Bewegung in die Gruppe!
Wir möchten alle Erziehungsprofis zu Medienarbeit bewegen und deutlich machen: Es geht auch ohne technische Vorkenntnisse. Manchmal öffnet es Türen, wenn wir zum Beispiel im Projekt "MedienCheck" ohne Strom und Kabelage zeigen, wie intensiv und gestalterisch Medienarbeit auch ohne Touchscreen geht.
... spielen Sie Minecraft mit selbstbemalten Schuhkartons.
Wo können Erzieherinnen und Erzieher Anregungen finden, wenn sie die stromlose Medienerziehung mal ausprobieren wollen?
Fangen Sie beim Telefon aus Joghurtbechern an. Schließen Sie die Augen und sammeln Sie Geräusche in einem Kaffeesack oder spielen Sie Minecraft mit selbstbemalten Schuhkartons. Kinder haben Ideen und Gefühle zu Medienfiguren ob Sharko oder Sadie MacBeth. Dafür muss ich nicht die Serie sehen sondern spielerisch in der Gruppe Anlässe zur Erlebnisverarbeitung geben. Das geht auch mit Holzspielzeug und Pappkulissen.