Interview Aula
Wie bringt die Online-Plattform „aula“ Mitbestimmung und Demokratie in die Schulen?
Antworten von Tobias Schlegelmilch, aula-Multiplikator für Norddeutschland und Mathe- und Physik-Lehrer an einer Hamburger Stadtteilschule.
scout fragt nach:
Was machen Sie genau für aula?
Ich bin Lehrer an der neuen Hamburger Stadtteilschule „Campus HafenCity“. Weil ich mich seit Längerem für Mitbestimmungsprozesse an Schulen interessiere, habe ich nach Wegen gesucht, diese auch im Lehralltag zu integrieren. Vor vielen Jahren bin ich über aula gestolpert. Unsere Schule, die es seit zwei Jahren gibt, legt in ihrem Konzept nun Schwerpunkte auf Mitbestimmung und Demokratie – da haben wir das Konzept von aula als eine wichtige Säule für die Umsetzung übernommen.
Wie genau funktioniert aula?
Es ist eine frei nutzbare Online-Plattform, die Schüler*innen die Möglichkeit gibt, Ideen zur Verbesserung ihres Schulalltags vorzustellen, weiterzuentwickeln und, nach erfolgreicher Abstimmung, auch umzusetzen. Es ist also Tool und Raum für Aushandlungsprozesse zugleich: Ideen können in diesen virtuellen Schulraum – eben der „Aula“ – von allen Schüler*innen eingestellt werden. Dann schauen wir während der Schulzeit gemeinsam, ob und wie diese Ideen noch besser formuliert oder ausgearbeitet werden können. Für diesen Prozess werden auch Foren-Moderator*innen bestimmt und fortgebildet. Dann müssen die Ideen einen bestimmten Prozentsatz von Unterstützer*innen gewinnen, bei uns sind es 30 Prozent. Ist das passiert, schaut die Schulleitung darauf. Die kann aber nicht willkürlich entscheiden, es ist ein formaler Prozess: Wenn die Ideen nicht den per „aula-Vertrag“ festgelegten Regeln widersprechen, gehen sie dann in die richtige Abstimmung.
Was sind ihrer Meinung nach die Vorteile von aula?
Aula ist zunächst einmal eine Plattform, einem sozialen Netzwerk ähnlich. Die Schüler*innen bewegen sich also in einem vertrauten Umfeld. Das senkt für viele die Hemmschwelle, sich für eine eigene Idee einzusetzen. Auch ein Teil der Aushandlungen geschieht zunächst im virtuellen Raum, da kann man dann auch einiges über den Umgang miteinander lernen. Das eröffnet Lernchancen: Wie gehe ich bei einem Konflikt richtig mit anderen um? Danach werden die Diskussionen aber auch in analoge Räume überführt: Wir sprechen im Unterricht über die Vorschläge, auch im Klassenrat. So entwickeln die Schüler*innen ein Gefühl dafür, wie es ist, eine Meinung zu vertreten – und auch, wie es sich anfühlt, wenn man nicht damit durchkommt. Das Wichtige bei aula ist die Verbindlichkeit des Prozesses: Hier versandet nichts, hier kann nichts intransparent zurückgewiesen werden. Dieser Ablauf bindet dann oft auch Schüler*innen mit ein, die zunächst einmal gar kein Interesse an Mitgestaltung haben.
Können sie konkrete Beispiele für Abstimmungen nennen?
Wir bereiten im Moment zwei Ideen für den Prozess der Abstimmung auf, die die 30-Prozent-Hürde geknackt haben. Bei der ersten geht es darum, dass die Schüler*innen gerne einen Kiosk auf dem Schulgelände hätten. Das klingt einfach, ist aber kompliziert, wenn es ins Detail geht: Manche Eltern wollen keinen Verkauf von Süßigkeiten. Der Caterer befürchtet, dass sich der Betrieb der Cafeteria dann nicht mehr lohnt. Das wird also eine langwierige Abstimmung. Schneller wird es wohl mit dem zweiten Vorschlag gehen: Die Schüler*innen wünschen sich einen festen Rahmen, in dem Gaming auf ihren Handys erlaubt wird.
Warum sollten Mitbestimmung und Demokratie-Vermittlung überhaupt ein Thema an Schulen sein?
Schule ist ein wichtiger Rahmen, um demokratisches Aushandeln zu erlernen – weil hier viele verschiedene Gruppen zusammenkommen, es ist quasi ein Querschnitt unserer Gesellschaft.
Und wie ist es um die Mitbestimmung an Hamburger Schulen bestellt?
Wir haben ja laut Schulgesetz eine festgelegte „Gremienstruktur“, die den Schülerräten einen gewissen Einfluss ermöglicht, bis in die Schulkonferenzen hinein. Die ist schon bundesweit vorbildlich. Doch oft ist die Arbeit der Schülervertreter*innen nicht völlig transparent: Sie treffen sich regelmäßig, mischen sich ein – wie genau und womit, ist aber für die breite Schulgemeinschaft manchmal nicht erkennbar. Genau da setzt aula mit seinen offenen digitalen Prozessen an.
Was sollten Schulen, die sich für aula interessieren, beachten?
Die Prozesse brauchen Zeit, und die muss von Anfang an miteingeplant werden!
Mehr Infos und Kontakt auf aula.de