Digitale Modellschule: Detektivarbeit am Laptop
Die Paul-Klee-Grundschule in Lübeck ist eine von 20 „Modellschulen für das Lernen mit digitalen Medien“. Den Schülern gefällt die Arbeit am Computer. Fachleiterin Claudia Mehmel findet, die Laptops verbessern den Unterricht und erleichtern sogar die Unterrichtsvorbereitung.
Gespannt sitzen die Drittklässler vor ihren Laptops und warten auf ihre heutige Forscheraufgabe. Die 9-jährige Lucie checkt noch einmal schnell den Akku-Stand ihres Rechners, während Lehrerin Claudia Mehmel die Fritzbox in der Bodendose einstöpselt. Dann ist der Weg ins weltweite Netz geebnet und es geht los mit der Doppelstunde „Heimat-Welt-Sachkundeunterricht“. Arbeitsblätter werden verteilt und die Lehrerin erklärt die heutige „Detektivaufgabe“: In den Lerngeschichten der Website hamsterkiste.de sollen die Kids recherchieren, wie es im Klassenzimmer ablief, als „Omas Oma zur Schule ging“. Ihre Antworten sichern die Schüler mit Stift und Papier, und am Freitag sollen dann alle so in die Schule kommen, wie man damals angezogen war. „Das findet ihr ja jetzt heraus!“, motiviert Claudia Mehmel.
Recherche am Bildschirm
Ein Begeisterungssturm bricht los. Jonathan weiß aus einem Film, dass Jungs kurze Hosen, lange Strümpfe und weiße, hochgeschlossene Hemden trugen. Und die Mädchen Kleider. „Ihr findet schon was zu Hause“, beruhigt die Lehrerin modische Nachfragen zu Karohemden und Jeanshosen. „Im Zweifelsfall zieht ihr Krawatten oder Hosenträger über ein T-Shirt.“ Jonathan (9) und Paula (8) beginnen zu recherchieren. „Wer regierte vor 100 Jahren Deutschland?“ Jonathan findet die Information schnell auf hamsterkiste.de und weiß, dass Kaiser Wilhelm II. „der Zweite“ heißt. Die römischen Zahlen kennt er allerdings nicht aus der Schule, sondern von Lego Star Wars. Tischnachbarin Paula ist zeitgleich auf der Suche nach dem wichtigsten Verkehrsmittel der Zeit.
Frau Mehmel wird eigentlich nicht weiter gebraucht. Jonathan und Paula haben eine gute Lesekompetenz und setzen sie auch am Bildschirm ein. Die Lehrerin beantwortet gerade zahlreiche kritische Nachfragen der Mitschüler zu Hosenträgern und Kleidausschnitten am Freitag, als auf einmal Paulas Rechner ausgeht. Ohne Vorwarnung, schwarzer Bildschirm, obwohl er am Strom hängt. „Der Akku von Rechner 6 spinnt einfach“, ärgert sich Claudia Mehmel. Und Jonathan konstatiert trocken: „Strom weg, Rechner tot.“ Paula lässt sich von der Technik nicht ärgern, zieht um und recherchiert bei jemand anderes am Rechner weiter.
„Blödes Heft – guter Computer!“
Die Paul-Klee-Schule, Lübecks größte Grundschule, hat keinen festen Computerraum, sondern arbeitet mit Laptops im Klassenzimmer, fächerübergreifend. Dafür wurde sie vom schleswig-holsteinischen Schulministerium als Modellschule ausgezeichnet und mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. Lucie und Greta finden das super, weil ihre Aufgabe ohne Computer ganz schön mühsam wäre. „Okay, man kann in Büchern recherchieren, aber so ist es leichter“, erklärt Lucie. Auch Carlssen ist ihrer Meinung und fasst zusammen: „Blödes Heft – guter Computer!“ Pascal hat sich inzwischen Ruhe-Kopfhörer aufgesetzt, die andere auf lauten Konzerten tragen, um sich besser konzentrieren zu können. Denn die übrigen Schüler sind so engagiert bei der Sache, dass der Geräuschpegel ganz schön hoch ist.
Zweitklässler aus der Generation iPhone
Die Paul-Klee-Schule arbeitet mit Laptops, nicht mit Tablets. Hintergrund ist vor allem, dass das bereits funktionierende System ausgebaut und nicht geändert werden soll. Was die Schüler der dritten Klasse schon super können, müssen die der zweiten Klasse erst noch lernen. Die Kinder der 2b sitzen heute zum ersten Mal vor den Klapprechnern und beginnen den „Laptop-Führerschein“. Immer wieder versucht ein Zweitklässler, direkt am Bildschirm auf ein Icon zu tippen. Erst im zweiten Versuch probiert er dann die Maus. „Aha! Der Monitor ist kein Touchmonitor“, ruft Livia (7) und probiert mit Maja (7) die Maus aus, die beim Laptop ein Touchpad unter der Tastatur ist. Das haben sie intuitiv verstanden, und es klappt.
Regeln für die Laptop-Nutzung
„Wer trinken möchte, muss aufstehen und es einen Meter entfernt vom Laptop machen“, erklärt Claudia Mehmel die erste Laptop-Regel. Dann lernen die Zweitklässler noch, wie wichtig ein sicherer Stand des Geräts ist. Ach ja, und dann ist da noch die Akku-Laufzeitkontrolle, die bitte im Auge behalten! Als alle Rechner laufen, lernen die kleinen Neu-Anwender, wie man ein Programm mit Doppelklick startet und auch wieder schließt. Sie dürfen sich ein bisschen in den digitalen Übungen aus „Lernwerkstatt 6“, einem speziellen Lernprogramm für Einsteiger, umschauen. Livia und Maja ordnen erst einmal Euro- und Cent-Beträge von Scheinen und Münzen. Dann entdecken sie das Spiel „Das ist Pushy“. Ein kleiner, grinsender Ball wird mit den Pfeil-Tasten in ein Haus navigiert. Nicht nur Livia und Maja sind begeistert, schnell wird Pushy in der ganzen Klasse zur Lieblingsübung. Das Spiel schult die Auge-Hand-Koordination und den Umgang mit der Tastatur.
Grundschüler erhalten Online-Kompetenz
Nach einer weiteren Doppelstunde bekommen die Zweitklässler ihren „Laptop-Führerschein“. Bis sie die Grundschule verlassen, werden sie Internetrecherche und Textverarbeitung beherrschen, aber auch wissen, welche Persönlichkeitsrechte beim Fotografieren und Filmen beachtet werden müssen, welche Mediennutzungszeiten gesund sind, wer sich – auch mit falscher Identität – wirklich im Netz bewegt oder welche Gefahren Handystrahlen bergen können. Das ist mehr, als viele erwachsene Internetnutzer wissen.
Großer Erfolg: Auszeichnung für die Paul-Klee-Schule
Die Paul-Klee-Schule wurde vom schleswig-holsteinischen Bildungsministerium als „Modellschule für das Lernen mit digitalen Medien“ ausgezeichnet. Sie erhielt insgesamt 20.000 Euro, die in weitere 20 Laptops und Technik investiert werden. Zum Medienkonzept der Grundschule gehört die Medienerziehung, die im Stundenplan fächerübergreifend passend zum Lernplan in Deutsch, Mathe und Heimat-Welt-Sachkundeunterricht umgesetzt wird.