Alte Kisten, wenig Konzepte
Die Ende Mai veröffentlichten Ergebnisse einer landesweiten Umfrage zur schulischen Medienbildung in Schleswig-Holstein offenbaren Lücken in der IT-Ausstattung und der konzeptionellen Ausrichtung in den Schulen. Jetzt sollte die Bildungspolitik schnell reagieren. Aber tut sie es auch?
e Studie wurde im Auftrag des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) erarbeitet, den Katalog von 40 Fragen beantworteten 569 von 810 Schulen in Schleswig-Holstein, an denen rund 70 Prozent der Schüler im Lande unterrichtet werden. „Ziel der Befragung war es herauszufinden, inwiefern es Schulen gelingt, Medienbildung konzeptionell zu verankern und die Medienkompetenzbildung in den alltäglichen Unterricht zu integrieren“, sagt Thomas Riecke-Baulecke, Leiter des IQSH.
Herausgekommen sind wenig schmeichelhafte Zahlen. So geben 60,4 Prozent der Schulen an, dass bei ihnen die Medienbildung hinter den Möglichkeiten zurückbleibe. Das IQSH konstatiert denn auch „Unsicherheit“ und „Berührungsängste“ in der Lehrerschaft, was die Medienbildung betrifft. Was nicht weiter verwundern mag: Denn nur 250 der per Fragebogen erreichten 569 Schulen verzeichnen überhaupt „eine konzeptionelle Verankerung“ dieses Themenfeldes.
Auch im Bereich der Hardware ist Handlungsbedarf zu verzeichnen. Die Mehrzahl der Schulen verfügt demnach nur über ein bis fünf interaktive Smartboards, nicht selten sind gar keine vorhanden. Der Anteil an stationären PCs ist deutlich größer als der an Laptops, die meisten dieser Rechner sind fest in PC-Räumen installiert. Im Landesdurchschnitt können 8,7 Schüler über je einen Computer verfügen, in den Gemeinschaftsschulen und Gymnasien sind es 10 Schüler je Computer.
Support und die IT-Betreuung werden in 44,3 Prozent der Schulen von den Lehrkräften geleistet, doch nur ein Viertel der Schulen verfügt über ein ausgewiesenes IT-Budget. Das übersteigt in den seltensten Fällen 5.000 Euro. Dementsprechend sind die genutzten Geräte oft nicht auf dem neuesten Stand – oder ganz defekt.
Knapp die Hälfte der Schulen kann nur sehr langsame Internetanschlüsse anbieten, gerade einmal 15 Prozent haben auf ein schnelleres Netz per VDSL, Kabel oder Glasfaser umgerüstet. Mehr als die Hälfte der Schulen verfügt über kein Onlinesystem, auf das Schüler wie Lehrer gemeinsam zugreifen können.
Einer der kritischen Punkte in der Umfrage war auch die überraschend niedrig angesetzte Kenntnis guter und gelungener Medienkompetenz-Angebote. In diese Lücke soll das neue Modellprojekt „Lernen mit digitalen Medien“ des Bildungsministeriums stoßen, das seit Ende Mai an zwölf Schulen durchgeführt wird und mit insgesamt 200.000 Euro dotiert ist. Bei der Preisverleihung in Kiel gratulierte Bildungsministerin Britta Ernst den Preisträgern und sagte: „Die digitale Zukunft hat längst begonnen – Schule muss da mithalten.“
Unverständlich ist, dass das Projektmodell nicht mit dem bereits im vergangenen Jahr angelaufenen (und vom Wissenschaftsministerium mitgeförderten) „MediaMatters“-Projekt der Uni Flensburg verzahnt wurde. „MediaMatters“ hat bereits einen Überblick auf „Best Practice“ in den Schulen geschaffen und soll den Austausch der Medienbeauftragten der Schulen untereinander erleichtern.
Auf Grundlage der Ergebnisse will das IQSH „jetzt noch gezielter Schulungen für technische Umsetzungsmöglichkeiten sowie passgenaue Beratung vor Ort anbieten“. Entwicklungspotenzial sieht man vor allem bei der Nutzung privater Endgeräte der Lehrenden und Lernenden im Sinne von BYOD (Bring Your Own Device).
Was die Ausstattung der Schulen betrifft, auch mit schnelleren Netzen, so verweist das Bildungsministerium auf die Verantwortung der kommunalen Schulträger: Diese hätten dafür zu sorgen, dass alle Schulen mit hohen Bandbreiten ausgestattet werden, damit internetbasierte Technologien im Unterricht regelmäßig genutzt werden könnten – im Sinne der Chancengleichheit.
Um hier eine Standardisierung voranzutreiben, aktualisiere das Land in Zusammenarbeit mit den kommunalen Landesverbänden derzeit die Broschüre „IT-Ausstattungsempfehlungen für Schulen“. In der Veröffentlichung zur Umfrage wird auch ein Maßnahmenpaket des Bildungsministeriums vorgestellt, um die gröbsten Mängel abzustellen. So sollen alle Schulen Zugang zur kostenlosen Schulplattform-Software CommSy bekommen.
Zusammengefasst gibt es also einen „Dreiklang“ an Maßnahmen, um die aufgezeigten Mängel abzustellen:
* ein „Leuchtturm-Projekt“ an zwölf Schulen,
* CommSy für alle und
* Ausstattungsempfehlungen für die Schulen.
Dies sind sicherlich erste Schritte. Um die festgestellten Lücken und Bedarfe in der Medienbildung an schleswig-holsteinischen Schulen zu schließen, sollten jedoch die Kräfte noch mehr als bisher gebündelt und Kooperationen aller Beteiligten gesucht werden.